Flyer: Gegen Antisemitismus in queeren Kontexten!

Wir dokumentieren hier unseren Flyer, den wir beim CSD Nordwest in Oldenburg am 15.06.2024 verteilt haben. Der Text kann auch als PDF-Version im A5 Layout heruntergeladen und gerne auf ähnlichen Veranstaltungen verteilt werden.

Unter dem Motto “Queers for Palestine” wird seit dem Terrorangriff der Hamas vom 07. Oktober wieder einmal versucht, die Kämpfe von LGBTI für antisemitische Hetze gegen den jüdischen Staat zu instrumentalisieren. Antizionistische Gruppierungen nahmen bereits in der Vergangenheit an CSDs teil und verbreiteten dort ihre israelfeindliche Propaganda. Intersektionale und queere identitätspolitische Ansätze blenden Antisemitismushäufig aus oder befördern ihn sogar. Die Vordenkerin der Queer Theory, Judith Butler, rechtfertigte das antisemitische Pogrom vom 07.10. als Widerstand. Für Jüdinnen und Juden bedeutet das, dass sie sich in queeren Bewegungen häufig nicht sicher fühlen können und faktisch aus diesen ausgeschlossen werden.

Wer die Rechtfertigung von antisemitischem Terror für ein queeres Anliegen hält und Israel das Existenzrecht abspricht, verrät nicht nur Jüdinnen und Juden, sondern auch die Kämpfe von LGBTI gegen islamistische Unterdrückung und Gewalt.

Denn in Israel ist queeres Leben öffentlich sichtbar, in großen Teilen der Gesellschaft akzeptiert und LGBTI sind rechtlich vor Diskriminierung und Gewalt geschützt. Deshalb ist der jüdische Staat häufig erster Fluchtpunkt von LGBTI aus den palästinensischen Gebieten und anderen arabischen Staaten, um den dort vorherrschenden homofeindlichen Verhältnissen zu entkommen. Umso zynischer ist es, wenn queere Aktivist*innen unter dem Schlagwort „Pinkwashing“ ausgerechnet dem jüdischen Staat vorwerfen, seine LGBTI-freundliche Politik sei nur ein Ablenkungsmanöver. Dabei sind es Israels Gesetzgebung und Souveränität, die queeres Leben in der Region schützen.

Im Gegensatz dazu werden in Gaza und dem Westjordanland Homosexuelle systematisch verfolgt und diskriminiert: In Gaza können sie mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft werden. Zudem sind sie von islamistischer Gewalt bedroht: Seit 1986 jagt der al-Majd, eine Unterorganisation der Hamas, Menschen in den Palästinensischen Gebieten, welchen sowohl „moralische“ Verfehlungen im Sinne der islamistischen Doktrin der Hamas als auch mögliche Kollaborationen mit Israel vorgeworfen werden. Einer der Mitbegründer der Hamas, Mahmoud Zahar, sagte in Bezug auf Homosexualität unter anderem: „Ihr im Westen lebt nicht wie menschliche Wesen. Ihr lebt nicht einmal wie Tiere. Ihr akzeptiert die Homosexualität. Und jetzt kritisiert ihr uns?“. Die Existenz von queerem Leben ist nicht zu vereinbaren mit den autoritären Reinheitsvorstellungen, die in der palästinensischen Gesellschaft etabliert sind und von den Vollstreckern im Namen der Hamas überwacht werden.

Auch im Westjordanland sind Homosexuelle nicht sicher: Das zeigt zum Beispiel der brutale homofeindliche Mord an Ahmad Abu Marhia in Hebron am 06.10.2022. Dessen Mörder wurde teilweise sogar bejubelt, da er die „moralische Integrität“ der islamisch-patriarchal geprägten Gesellschaft aufrechterhalten hätte. Durch die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) erfährt queeres Leben im Westjordanland weder rechtlichen Schutz, noch setzt sich die PA für eine breitere gesellschaftliche Akzeptanz ein, welche Morde wie den an Ahmad präventiv verhindern könnte. Stattdessen werden auch im Westjordanland queere Personen als potenzielle Kollaborateure mit Israel gesehen und Organisationen, die sich für eine breitere Akzeptanz von queerem Leben in den Palästinensischen Gebieten einsetzen, stehen unter Generalverdacht.

Wer Israel statt Hamas und PA die Schuld für die schlechte Situation von LGBTI in den palästinensischen Gebieten gibt, verschließt die Augen vor der Realität und stellt den Hass auf den jüdischen Staat über die Rechte von LGBTI.

Israel ist der einzige Ort der Welt, der Jüdinnen und Juden vor der Vernichtung schützt und dabei LGBTI ein gleichberechtigtes Leben in relativer Sicherheit ermöglicht.
Antisemitischer Hass auf Israel darf in queeren Kontexten keinen Platz haben. Wer ihn verbreitet, kann kein*e Verbündete*r sein.

Der Hass auf Homosexuelle ist genauso wie Antisemitismus und Frauenhass fester Bestandteil des Weltbilds islamistischer Terrororganisationen wie der Hamas. Auch unter der Herrschaft anderer islamistischer Regime sowie in Staaten mit islamisch geprägtem Rechtssystem ist die Situation für Homosexuelle desaströs: Im Iran, der die Hamas maßgeblich unterstützt und Israel von der Landkarte löschen will, werden Homosexuelle unter grausamen Bedingungen inhaftiert und schwulen Männern droht die Todesstrafe. Seit 1979 richtete das islamistische Regime zwischen 4.000 und 6.000 schwule, lesbische und bisexuelle Menschen hin. Unter anderem erhängt man sie an Baukränen, die von deutschen Unternehmen produziert wurden.

Der Iran ist nur eines von 12 Ländern, in denen die Todesstrafe für Homosexuelle Gesetz ist. Bis auf Uganda handelt es sich dabei um Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit, deren Bestrafung von Homosexualität auf der Scharia basiert. In zahlreichen weiteren islamischen Ländern werden Haftstrafen verhängt.

Im traditionellen islamischen Verständnis ist Homosexualität nicht legitim und gilt als strafbar. Die Scharia erstickt jeden Versuch einer selbstbestimmten, individuellen Lebensgestaltung abseits rigider Sittengesetze im Keim. Lesbische Frauen leiden unter einer doppelten Diskriminierung, da sie oftmals von ihren Familien in eine Ehe mit einem Mann gezwungen werden. Für LBGTI ist deshalb ein freies und sicheres Leben in solchen Ländern unmöglich. Sie müssen mit der ständigen Angst vor Entdeckung leben. Entscheiden sie sich zur Flucht, sind sie nicht nur von Verfolgung innerhalb muslimischer Communities in Deutschland bedroht, sondern auch von Abschiebungen, die einem Todesurteil gleichkommen. Ihr Recht auf Asyl muss unbedingt anerkannt werden.

Homo- und transfeindliche Gewalt geht von Rechtsextremen wie Islamisten gleichermaßen aus – genauso wie der Antisemitismus. Deshalb muss das Recht auf ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung jenseits von deutscher “Volksgemeinschaft” und islamischer “umma” für alle Menschen verteidigt werden – ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihrer sexuellen Orientierung.

Unsere Solidarität gilt den verfolgten Homo- und Bisexuellen, Transpersonen und allen, deren selbstbestimmte Existenz die islamistischen Feinde der Freiheit auf den Tod bekämpfen.

Antisemitische Mobilisierungen in der Stadt und an der Universität Oldenburg

Ein Überblick über Vorfälle und Aktivitäten im April und Mai

Wie wir bereits mehrfach berichtet haben, sind antisemitische Aktivitäten seit dem 07.10. in Oldenburg verstärkt sichtbar. Aktuell haben diese ein kontinuierlich intensives und bedrohliches Ausmaß angenommen, das vor dem Hintergrund des Brandanschlags auf die Oldenburger Synagoge am 05.04. umso erschreckender ist. Ein Schwerpunkt der antisemitischen Agitation ist aktuell die Universität Oldenburg, doch es kommt auch im Rest der Stadt zu Vorfällen:

Am Tag vor dem Anschlag auf die Synagoge wurde eine elfjährige jüdische Schülerin auf dem Nachhauseweg angegriffen und als “dreckiger Jude“ beschimpft. Sie trug eine gelbe Schleife, die darauf aufmerksam machen soll, dass immer noch 128 Menschen von der Hamas als Geiseln festgehalten werden.

Ebenfalls am 04.04. wurde das Alhambra sowie die Gegend um den jüdischen Friedhof in Osternburg mit israelfeindlichen antisemitischen Parolen und Symbolen beschmiert.

Unsere Solidaritätsdemonstration für die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg am 07.04. wurde von Personen aus dem israelfeindlichen Milieu beobachtet. Eine dort verortete Person spuckte auf den Boden, als die Demonstration am Hauptbahnhof vorbeilief. Aus einigen Autos heraus gab es feindselige Rufe, u.a. „Allahu Akbar“. Auch zuvor gab es gegen Teilnehmende unserer Aktionen bereits antisemitische Anfeindungen: Beim Protest gegen die BDS-Kundgebung am 01.03. wurde aus Autos heraus unter anderem „Scheiß Juden“ gerufen.

Mitglieder der Studierendenvertretung berichteten in verschiedenen Medien, dass sie auf dem Campus bedrängt und bedroht werden. Es herrscht ein „Klima der Angst“, jüdische Studierende fühlen sich unsicher an der Universität. Nachdem Personen aus dem AStA am 25.04. einen Flyer einsammelten, der zu einer israelfeindlichen Demonstration aufrief, wurden sie von den verteilenden Personen bedrängt, körperlich angegangen, gefilmt und antisemitisch sowie sexistisch beleidigt.

Wir erhalten immer wieder Zusendungen von antisemitischen Schmierereien oder Aufklebern, teils werden auch gezielt Aufkleber gegen Antisemitismus entfernt oder überklebt, wie in diesem Fall solche mit der Aufschrift „VfB Oldenburg Fans gegen Antisemitismus“, dem Logo des Oldenburger Fußballvereins und einem Davidstern. Der darüber geklebte Aufkleber im rechten Bild stammt von der linksautoritären Jugendorganisation SDAJ, die auch in Oldenburg aktiv ist.

Regelmäßig werden die Social Media Kanäle des AStA von antisemitischen Kommentaren überhäuft. Auch bei uns und anderen israelsolidarischen Organisationen aus Oldenburg tauchen immer wieder solche Kommentare auf. So schrieb eine Person unter dem Post des AStA zu den antisemitischen Vorfällen, bei dem die Kommentarfunktion mittlerweile deaktiviert ist: „Ich würde ja auch nicht 1944 nen Festival neben Auschwitz veranstalten.“ Damit wird der brutale Angriff der Hamas-Terroristen auf das Nova Festival am 07.10. gerechtfertigt und durch die Gleichsetzung von Gaza und Auschwitz die Shoah relativiert. Ein anderer Kommentierender schrieb missbilligend: „Aber wehe jemand bestreitet den Holocaust“ und bezeichnet Jüdinnen und Juden als „das auserwählte Volk“, welches sich an Menschenrechten störe. Hier wird die antisemitische Abwehr der Erinnerung an die Shoah mit christlichem Antijudaismus1 verbunden.

Auf der Studierendenplattform stud.ip der Uni Oldenburg wurden in letzter Zeit mehrmals antisemitische Inhalte gepostet: So wurde etwa in einem Post die Shoah relativiert und eine antisemitische Täter-Opfer-Umkehr betrieben, indem behauptet wird, die israelische Regierung nähme sich im Umgang mit den Palästinensern die Nationalsozialisten zum Vorbild.

Israelfeindliche Demonstrationen am 27.04. und 05.05.

In den letzten Wochen fanden in Oldenburg zwei antizionistische Demonstrationen statt, für die insbesondere an der Universität mobilisiert wurde. Sie werden von einem Personenkreis organisiert, der das aktuelle antisemitische Klima an der Universität Oldenburg maßgeblich zu verantworten hat. Vor dem Hintergrund der antisemitischen Vorfälle in der letzten Zeit möchten wir einen Überblick und Einordnung der Demonstrationen geben, um ihren antisemitischen Charakter deutlich zu machen, denn dort wird unter dem vorgeblichen Motto einer Friedensdemonstration antisemitischer Hass auf Israel verbreitet.

Auf den an der Uni verteilten Flyern, die zur Demonstration aufriefen, wurden Auszüge einer Resolution des kürzlich in Berlin von der Polizei aufgelösten „Palästinakongress“ abgedruckt und auf dessen Website verwiesen. Bei diesem handelt es sich um ein Vernetzungstreffen von Hamasunterstützern und Verharmlosern des antisemitischen Terrors, wovor u.a. der Zentralrat der Juden bereits im Vorfeld warnte.2 Auf dem uns vorliegenden Flyer für die Demonstration am 05.05. ist eine Person als V.i.S.d.P. genannt, die bei beiden Demonstrationen als Rednerin auftrat.

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Die Person ist im israelfeindlichen Milieu in Oldenburg gut vernetzt: Sie trat bereits u.a. bei einer gemeinsamen Kundgebung der BDS-Kampagne sowie der Palästinensischen Gemeinde am 01.03.24 als Ordnerin in Erscheinung. Bei diesen handelt es sich um Gruppierungen, die maßgeblich an der Verbreitung von Antisemitismus in Oldenburg beteiligt sind:
Die Oldenburger BDS-Kampagne propagiert den Boykott Israels und wird u.a. vom deutschen Bundestag als antisemitisch eingeordnet.3 Die Palästinensische Gemeinde rief am 21.10.23 zu einer Demonstration auf, bei der antisemitische Parolen gerufen wurden.4 Dort war die genannte Person ebenfalls zugegen. Unter einem Post des AStA äußerte sie zudem Sympathien für die islamistische Terrororganisation Hisbollah.

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Am 27.04. sprach als Rednerin unter anderem Petra Scharrelmann vom „Bremer Friedensforum“, das auch mit dem verschwörungsideologischen und rechtsextremen Milieu kooperiert: So unterschrieb u.a. Scharrelmann einen Aufruf rechtsoffener Querfrontakteure, der Verschwörungserzählungen zur Coronapandemie verbreitete.5 Rechtsextreme prorussische Gruppierungen sind auf Demonstrationen des „Friedensforums“ ebenfalls willkommen.6 Für eine diesen Januar geplante Veranstaltung wurden dem „Friedensforum“ Räumlichkeiten gekündigt, weil sie einen rechtsextremen Referenten eingeladen hatten.7 Für seinen antisemitischen Aktivismus gegen Israel ist das „Bremer Friedensforum“ seit Jahrzehnten bekannt und wird u.a. im Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus der Bundesregierung auf Grund antisemitischer Boykottaktionen gegen Israel erwähnt.8

An den beiden Demonstrationen nahmen jeweils ca. 50-80 Menschen teil, mobilisiert wurden unter anderem Personen aus dem Umfeld der Linksjugend [’solid], der Partei die Linke, der palästinensischen Gemeinde, BDS Oldenburg, SDAJ und der antizionistischen Bremer Gruppierung „Seeds of Palestine“. Ebenso teilte eine antirassistische Gruppierung, die sich für ein autonomes BIPoC-Referat an der Uni Oldenburg einsetzt, den Flyer. Auf den Veranstaltungen kam ein Milieu zusammen, das bereits in der Vergangenheit israelfeindliche Veranstaltungen in Oldenburg besuchte oder mitorganisierte.9

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Schilder und Transparente wurden in Teilen zuvor schon auf Demonstrationen der „Seeds of Palestine“ in Bremen verwendet.

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Am 27.04. wurde ein Transparent mit der Aufschrift „Apartheid entwaffnen“ gezeigt mit der Symbolik des roten Dreiecks, welches von der islamistischen Terrororganisation Hamas benutzt wird, um Angriffsziele zu markieren.10

Das Dreieck lässt sich in diesem Kontext so interpretieren, dass der als Apartheidregime diffamierte Staat Israel angegriffen und vernichtet werden müsse. Die Behauptung, in Israel herrsche Apartheid, ist nicht nur faktenwidrig, sondern delegitimiert die Existenz des jüdischen Staats als rassistisches Unterfangen und ist damit antisemitisch.

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Auf einem Schild war die „Handala“ Comicfigur zu sehen, die zumeist im Kontext der antisemitischen BDS-Kampagne verwendet wird.11 Diese Figur wurde kürzlich zusammen mit antisemitischen Parolen wie „Israhell“ an das Alhambra geschmiert.

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Am 05.05. war wieder ein Schild mit der Handala-Figur zu sehen sowie ein Transparent mit dem Logo der „Seeds of Palestine“, das die Lüge eines angeblichen Genozids an den Palästinensern verbreitet. Rechts am Transparent ist der Oldenburger BDS-Propagandist Christoph Glanz zu sehen.

Auf einem Schild war u.a. zu lesen „Befreie Palästina vom [sic!] deutschen Schuld.“ Dass anstelle einer Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und deutscher Täterschaft die NS-Vergangenheit instrumentalisiert wird, um „Befreie Palästina“ und „Stop Völkermord“ zu fordern, zeugt vom Bedürfnis einer antisemitischen Erinnerungsabwehr, die einen Schlussstrich unter das Gedenken an die Opfer der Shoah ziehen möchte, um deren Nachfahren der Vernichtung auszuliefern. Denn das Gedenken an die Shoah stellt beim Ausagieren des Hasses auf den jüdischen Staat einen Störfaktor dar. „Stop Antisemitismus“ ist in diesem Zusammenhang lediglich eine leere Floskel, da dieser weder als Kernelement des Nationalsozialismus verstanden wird, noch in seiner heute wirkmächtigsten Form, dem Antizionismus, erkannt werden will.

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Diese Demonstrationen verbreiten unter anderem über Schilder und Transparente antisemitische Botschaften. Es wird mit Personen kooperiert, die klar antisemitischen Organisationen zuzuordnen sind und auch Überschneidungen in die rechte verschwörungsideologische Szene stellen kein Problem dar. Der Flyer bezieht sich positiv auf eine antisemitische Veranstaltung und Personen, die diesen verteilen, sind durch bedrohliches und körperlich aggressives Verhalten und antisemitische Anfeindungen aufgefallen.

Wir sind schockiert, dass einen Monat nach dem Anschlag auf die Oldenburger Synagoge in Oldenburg wieder solche antisemitischen Veranstaltungen und stattfinden. Sie bieten einen Raum für antisemitische Propaganda, die immer auch entsprechende Taten befördert. Wir beobachten in Oldenburg seit dem 07. Oktober nicht nur einen Anstieg antisemitischer Vorfälle, sondern auch eine zunehmende Enthemmung in der israelfeindlichen Szene.

Antisemitismus ist auch an der Universität Oldenburg ein Problem!

Insbesondere die Universitäten sind nun in der Verpflichtung, Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus zu treffen. Joseph Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, warnte kürzlich vor amerikanischen Verhältnissen an deutschen Universitäten und zog als Beispiel die Vorfälle in Oldenburg heran.

An der Universität Bremen wurde am 08.05. ein israelfeindliches Camp aufgelöst.12 Ein „Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten“, wo ein ähnliches Camp stattfand, stellt sich an die Seite antisemitischer Aktivist*innen und billigt somit geäußerte Aufrufe zur Gewalt gegenüber Jüdinnen und Juden sowie zur Vernichtung Israels, indem sie ein Absehen von strafrechtlicher Verfolgung gegen solche Camps gefordert wird. Das Statement unterschrieben u.a. auch Prof. Dr. Friederike Nastold (Kunstgeschichte), Shanti Suki Osman (Musik), Halil Ege (Leiter IT-Management FKII), sowie Dr. Fatoş Atali-Timmer (Pädagogik) von der Universität Oldenburg.13

Am 08.05 ist auch an der Universität Oldenburg eine als SDS-Gruppe auftretende antizionistische Studentengruppe über Social Media an die Öffentlichkeit getreten. In ihrer Gründungserklärung heißt es, man wolle sich für „unterdrückte Völker“, insbesondere die Palästinenser, einsetzen und Aktionen und Infostände auf dem Campus durchführen. Ein Kommentierender unter dem Post spricht von einem Holocaust an den Palästinensern. In ihrer Antwort versichert die Gruppe dem Postenden, man stehe auf der selben Seite. Solche antisemitischen Äußerungen scheinen also unter das zu fallen, was die Gruppe als Solidarität mit den Palästinensern propagiert.

Am 15.05. rief die Gruppe zusammen mit der “Palästinensischen Gemeinde” zu einer Demonstration zum “Nakba Tag” auf. Die Aktivitäten und Kooperationen der Gruppe zeigen deutlich, dass es sich nur um ein neues und für Linke anschlussfähiges Label handelt, unter dem Israelhass in der Stadt und an der Uni verbreitet wird.

Wir fordern die Oldenburger Universitätsleitung dazu auf, antisemitisches Agieren von Hochschulgruppen oder anderen Akteuren auf dem Campus entschieden zu unterbinden. Insbesondere bei Camps und Besetzungen darf es keine Toleranz für solche Versuche antisemitischer Raumnahme geben. Die Universität Oldenburg muss dringend Maßnahmen treffen, um jüdische und israelsolidarische Studierende zu schützen und muss mehr Aufklärung über Antisemitismus leisten. Wir rufen außerdem die Mitglieder der Universität sowie die Oldenburger Zivilgesellschaft dazu auf, wachsam zu sein und antisemitische Agitation auf dem Campus und in der Stadt Oldenburg nicht unwidersprochen hinzunehmen.

Melde- und Unterstützungsmöglichkeiten:

  • Antisemitische Vorfälle in Oldenburg können uns über bga.oldb[at]gmail.com mitgeteilt werden.
  • Über https://report-antisemitism.de kann man antisemitische Vorfälle bundesweit an die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) melden. Solche Meldungen sind wichtig, damit das Ausmaß antisemitischer Vorfälle sichtbar gemacht werden kann.
  • Bei Bedrohungen an der Universität Oldenburg kann man sich an das Bedrohungsmanagement der Universität wenden.
  • Bei antisemitischen Angriffen und Bedrohungen unterstützen die Betroffenenberatung Niedersachsen sowie OFEK (auch auf hebräisch).

  1. In einem Artikel in der Jüdischen Allgemeinen heißt es dazu: „Der bösartige Gebrauch des Ausdrucks »auserwählte Juden« spornte die Pogrome, die Vertreibung der spanischen Juden und den Antisemitismus Martin Luthers an. Der Gründer des Protestantismus argumentierte, die Juden seien nicht länger das auserwählte Volk, sondern »das Volk des Teufels«.“ https://www.juedische-allgemeine.de/politik/ueber-kreuz-mit-israel/
    ↩︎
  2. https://www.zentralratderjuden.de/aktuelle-meldung/artikel/news/buendnis-gegen-antisemitischen-terror-verurteilt-sog-palaestina-kongress/# So wurde dort eine Videobotschaft des palästinensischen Autors Salman Abu Sitta abgespielt. Dieser äußerte zuvor, er hätte sich auch am Terror der Hamas vom 07. Oktober beteiligt, wäre er jünger und würde noch im „Konzentrationslager Gaza“ leben (siehe: https://taz.de/Palaestina-Kongress-in-Berlin/!5997635/).
    ↩︎
  3. ausführlich zu BDS: https://report-antisemitism.de/documents/2024-03-14_Antisemitismus-bei-BDS.pdf Über Antisemitismus bei BDS Oldenburg sowie der Palästinensischen Gemeinde Oldenburg haben wir kürzlich hier geschrieben: https://bgaoldenburg.wordpress.com/2024/02/27/antisemitische-israeli-apartheid-week-in-oldenburg-angekundigt
    ↩︎
  4. vgl. https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Pro-Palaestina-Demo-in-Oldenburg-Polizei-weitet-Ermittlungen-aus,aktuelloldenburg13832.html; Berichte in der NWZ (12) Video mit antisemitischen Parolen: https://twitter.com/Pixel_Matsch/status/1716541980526727506  Bildergalerien: https://www.flickr.com/photos/pixel_matsch/albums/72177720312089022/https://www.flickr.com/photos/140935489@N05/albums/72177720312198887/with/53285549131
    ↩︎
  5. https://religionsfreiinbremen.de/2022/01/02/die-seltsamen-religioesen-und-querdenker-freunde-der-bremer-friedensbewegung/
    ↩︎
  6. https://twitter.com/afdwatchbremen/status/1581300987499016193
    ↩︎
  7. https://www.weser-kurier.de/bremen/stadtteil-groepelingen/friedensforum-bremen-und-aufstehen-bremen-kritisieren-zensur-doc7ofgcq3oftj1h7obu7cb
    ↩︎
  8. https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/heimat-integration/expertenkreis-antisemitismus/antisemitismus-in-deutschland-bericht.pdf?__blob=publicationFile&v=3 S. 151
    ↩︎
  9. Bilder dieser Veranstaltungen finden sich hier: Kundgebung von BDS und Palästinensischer Gemeinde am 01.03. (Bericht); ein Vortrag der BDS-Kampagne am 22.03. (Bericht); israelfeindliche Demonstrationen der Palästinensischen Gemeinde. ↩︎
  10. https://twitter.com/democ_de/status/1767555614224380073
    ↩︎
  11. https://www.belltower.news/antisemitismus-symbole-codes-parolen-auf-anti-israelischen-demos-116651/
    ↩︎
  12. https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/bremen-universitaet-protestcamp-100.html  Hamza Özoguz, der an der Besetzung teilnahm, gab anschließend, vorgestellt als ein Student aus dem „innersten Kreis des Bremer Palästina-Camps“, dem Islamisten Huseyin Özoguz vom Muslim Markt auf dessen Youtubekanal ein Interview. Auch in diesem Fall zeigt sich, dass es aus der israelfeindlichen Szene immer wieder zu Kooperationen mit IslamistInnen kommt.
    ↩︎
  13. https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSfVy2D5Xy_DMiaMx2TsE7YediR6qifxoLDP1zIjKzEl9t1LWw/viewform?s=09
    ↩︎

Antisemitische Schmieraktion in der Nacht vom 3. auf den 4.4. auf das Alhambra und Umgebung

Gemeinsame Veröffentlichung des Offenen Antifaschistischen Treff (OAT) und des Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Oldenburg  

In der Nacht vom 03. auf den 04. April wurde unter anderem das Alhambra Ziel einer antisemitischen Schmieraktion. Dank des Einsatzes engagierter Antifaschist*innen konnten die Schmierereien direkt am 04. April entfernt werden.

Weitere ähnliche Schmierereien tauchten in Osternburg an einer Bushaltestelle auf, einem Bio-Geschäft auf der rechten Seite des jüdischen Friedhofs und ein Wohnhaus auf der linken Seite des Friedhofs. Der Friedhof selbst blieb glücklicherweise verschont, der bedrohliche Charakter ist jedoch auf Grund der räumlichen Nähe offensichtlich. Der Umfang der Schmierereien sowie die Auswahl der Orte legen nahe, dass es sich dabei um eine gezielte Aktion handelte.[1]

Über die ganze Außenfassade des Alhambra hinweg wurden mit Wachs-Graffitti-Marker  zahlreiche antisemitische Parolen und Äußerungen mit Israelbezug geschmiert, die wir hier exemplarisch dokumentieren, unter anderem: „Israel = Terror“, „Israhell“, „Free Palestine from Israel“.

Im israelbezogenen Antisemitismus werden klassisch antisemitische Motive auf Israel als jüdischen Staat übertragen und dessen Existenz delegitimiert. In der Parole „Free Palestine from Israel“ wird deutlich, dass nach Ansicht der Täter*innen nicht die Hamas und weitere antisemitische Terrororganisationen, welche auch die palästinensische Zivilbevölkerung unterdrücken, das Problem darstellen, sondern der jüdische Staat verschwinden müsse.
Israel wird als das Böse schlechthin dämonisiert und durch die begriffliche Verbindung mit dem Wort „Hölle“ wird an das tradierte antisemitische Stereotyp, wonach Jüdinnen*Juden mit dem Teufel im Bunde stünden, angeknüpft und dieses auf Israel übertragen.

Besonders widerwärtig ist, dass die Parole „Save Palestine from Israel“ auf ein Bild an der Fassade geschmiert wurde, das sich mit den Gegner*innen des islamistischen iranischen Regimes und den feministischen Protesten seit der Ermordung der kurdischen Iranerin Jina Mahsa Amini durch das Regime solidarisiert. Offensichtlich stehen die Täter*innen dem islamistischen und antisemitischen iranischen Regime näher, als seinen feministischen und demokratischen Gegner*innen.

Ebenfalls wurde die Hanau-Gedenkwand u.a. mit „Israhell“ beschmiert. Nicht einmal vor einer Beschädigung des Gedenkens an die Opfer rassistischen Terrors schrecken die Antisemit*innen zurück.

Interessant ist außerdem, dass mehrmals eine Figur namens „Handala“ auf die Fassade geschmiert wurde. Diese Comicfigur findet sich im Logo der antisemitischen BDS-Kampagne. Sie stammt vom Cartoonisten Nadschi Salim al-Ali. Dieser verwendet in seinen Geschichten antisemitische Stereotype, die man aus nationalsozialistischer Propaganda kennt: Israelis werden mit Hakennase dargestellt, begehen „Ritualmorde“ und können nur mit Waffengewalt gestoppt werden.[2]

„Handala“ Schmiererei am Alhambra und das Original[3].

Dass diese Comicfigur mit explizitem BDS-Bezug ebenfalls mehrmals an der Fassade auftauchte, ist insofern interessant, weil die BDS-Kampagne in Oldenburg diesen März wieder verstärkt aktiv wurde und bei zwei Veranstaltungen ihr antisemitisches Gedankengut verbreitete.[4] Dort kamen israelfeindliche, islamistische und auch linke Akteur*innen zusammen. In der Vergangenheit wurden immer wieder aus diesem Umfeld Drohungen gegen das Alhambra geäußert.

Dazu passt, dass ebenfalls an das Alhambra „Fuck Antideutsche“ geschmiert wurde:  Das ist ein direkter Angriff auf antifaschistisches Engagement, das eine klare Positionierung gegen Antisemitismus und in Solidarität mit Israel als zentrale Konsequenz aus „Nie wieder Auschwitz“ begreift. So hatte der Offene Antifaschistische Treff (OAT) in der Vergangenheit zu einer Solidaritätskundgebung für Israel aufgerufen und sich deutlich gegen Antisemitismus gestellt.[5] Antifaschist*innen beteiligten sich ebenfalls an Protesten gegen BDS. Im Alhambra finden außerdem immer wieder Veranstaltungen statt, die Antisemitismus kritisieren, zuletzt etwa die Buchvorstellung „Gesichter des Politischen Islam“.

Die Schmierereien sind als direkter Angriff auf antifaschistisches Engagement zu werten, das dem Auftrag verpflichtet ist, jedem Antisemitismus entgegenzutreten. Wir lassen uns davon nicht einschüchtern, und werden weiterhin konsequent jedem Antisemitismus entgegentreten, egal ob er von rechter, von linker oder von islamistischer Seite kommt. Das Nutzer*innenplenum des Alhambra verurteilte die Schmierereien ebenfalls und machte vor dem Hintergrund des Brandanschlags auf die Oldenburger Synagoge am 05.04. darauf aufmerksam, dass aus Worten auch Taten folgen können.[6]

Wir möchten der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg ebenfalls unsere Solidarität aussprechen und verurteilen die Kontinuität des Antisemitismus in Oldenburg, die durch den Anschlag auf die Synagoge eine neue, erschreckende Dimension angenommen hat.

Gegen jeden Antisemitismus!


[1] https://twitter.com/MiekeWolke/status/1776903879851938056

[2] https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/anti-israel-kampagne-wie-bds-gegen-israel-hetzt/20573168.html 

[3] https://www.belltower.news/antisemitismus-symbole-codes-parolen-auf-anti-israelischen-demos-116651/

[4] https://bgaoldenburg.wordpress.com/2024/03/03/erfolgreicher-protest-gegen-bds/; https://bgaoldenburg.wordpress.com/2024/03/19/aufruf-gegen-die-antisemitische-israeli-apartheid-week/

[5] https://antifatreff.blackblogs.org/2024/01/17/kein-platz-fuer-antisemitismus/

[6] https://alhambra.de/2024/04/14/gegen-jeden-antisemitismus/

Redebeitrag: Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg

Wir dokumentieren hier unseren vollständigen Redebeitrag, den wir auf unserer Demonstration am 07.04.24 anlässlich des Anschlags auf die Oldenburger Synagoge hielten. Über die Demonstration haben wir hier berichtet.

Am Freitag wurde am helllichten Tag mitten in Oldenburg ein Brandanschlag auf die Synagoge in der Leo-Trepp-Straße verübt. Glücklicherweise konnten die Hausmeister eines benachbarten Kulturzentrums durch schnelles Handeln eine Ausbreitung des Feuers verhindern. Die Person, die den Anschlag beging, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch auf der Flucht.

Wir sind entsetzt und wütend über diesen antisemitischen Anschlag und es erschüttert uns zutiefst, dass die Jüdische Gemeinde wenige Stunden später den Schabbatgottesdienst unter diesen schrecklichen Bedingungen begehen musste.
Ein solcher Angriff auf das jüdische Leben in Oldenburg darf auf keinen Fall hingenommen werden!

Wir möchten heute unser Mitgefühl und unsere Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg sowie allen Jüdinnen und Juden in unserer Stadt und darüber hinaus zum Ausdruck bringen.

Die Hintergründe des Brandanschlags müssen schnellstmöglich aufgeklärt und der oder die Täter gefasst werden! Es ist unbedingt notwendig, dass die Stadt Oldenburg und die Zivilgesellschaft nun an der Seite der Jüdischen Gemeinde steht und alles unternimmt, um Jüdinnen und Juden in Oldenburg ein sicheres Leben zu ermöglichen.

Es ist entsetzlich, dass die Jüdische Gemeinde und Oldenburger Jüdinnen und Juden erneut von direkten antisemitischen Angriffen betroffen sind: Bereits in der Vergangenheit wurde der jüdische Friedhof mehrmals Ziel von antisemitisch motivierten neonazistischen Angriffen, zuletzt 2015. Im Jahr 2021 wurde die Gedenkwand für die ermordeten Juden antisemitisch beschmiert.

Antisemitische Gewalt entsteht nicht in einem luftleeren Raum, sondern sie hat einen gesellschaftlichen Nährboden. Wir halten es für unerlässlich, diesen auch zu benennen. Die Bekämpfung des Antisemitismus darf nicht erst dort anfangen, wo er bereits in die ihm schon immer innewohnende offene Gewalt und die Umsetzung des Vernichtungsdrangs in die Tat umgeschlagen ist. 
Angriffe auf Jüdinnen und Juden sowie das jüdische Leben insgesamt sind keine Einzelfälle. Egal, ob Antisemiten heute statt von Juden von Israel sprechen oder von den Zionisten; ob sie von den Rothschilds oder der NWO raunen: Am Ende sind immer Jüdinnen und Juden gemeint, und sie sind es auch, die der Antisemitismus trifft. Das führt der Anschlag auf die Synagoge erneut mit erdrückender Gewissheit vor Augen. 

Wir finden es unerträglich, dass jüdisches Leben in Deutschland heute wieder einmal in Gefahr ist. Antisemitischer Hass, Gewalt und Terror haben für Jüdinnen und Juden in Deutschland ganz konkrete Folgen für ihr alltägliches Leben: Viele vermeiden es, jüdische Symbole nach außen sichtbar zu zeigen, jüdische Kinder müssen massive Anfeindungen an Schulen fürchten, israelische Restaurants schließen.

Die in letzter Zeit häufig wiederholten Beteuerungen, jüdisches Leben gehöre zu Deutschland, werfen die Frage nach ihrer Bedeutung auf, wenn Jüdinnen und Juden hier nicht ohne Angst offen jüdisch leben können. Die traurige Wahrheit ist, dass ohne massiven polizeilichen Schutz öffentlich sichtbares jüdisches Leben in Deutschland überhaupt nicht möglich ist. Wenn dieses auch weiterhin zu Deutschland gehören soll, muss die Zivilgesellschaft und Politik alles unternehmen, um Antisemitismus zu bekämpfen, egal von wem er kommt.

Jüdische Erfahrungen mit Antisemitismus und Forderungen von Jüdinnen und Juden müssen von der Gesellschaft gehört und ernst genommen werden.
Ein umfassender und dauernder Schutz jüdischer Einrichtungen muss sichergestellt sein. Die aktuelle Erhöhung der Schutzmaßnahmen durch die Oldenburger Polizei ist in dieser Hinsicht ein wichtiger Schritt!

Insbesondere, weil dieses Wochenende angesichts des antisemitischen Al Quds Tags eine gesteigerte Bedrohungslage besteht. In diesem Zusammenhang kam es bereits in der Vergangenheit immer wieder zu antisemitischer Gewalt. Mit dem Al Quds Tag mobilisiert das islamistische iranische Regime jährlich am letzten Freitag des Ramadan für die Vernichtung Israels. Anhänger des iranischen Regimes in Deutschland nehmen dies zum Anlass, ihren antisemitischen Hass auf den jüdischen Staat und Gewaltaufrufe gegen Jüdinnen und Juden auf die Straßen zu tragen, wie etwa gestern in Frankfurt.

Antisemitismus nach dem 07. Oktober

Wenn wir heute über den Anschlag auf die Jüdische Gemeinde sprechen, wenn wir über antisemitische Gewalt und ihren gesellschaftlichen Nährboden sprechen, dann müssen wir auch über den 07. Oktober und seine Ursachen sprechen! Und wir müssen darüber sprechen, welches Ausmaß an Hass Jüdinnen und Juden seitdem in Deutschland erfahren.

Das antisemitische Pogrom der Hamas vom 07.10.2023 ist heute auf den Tag genau ein halbes Jahr her. Dieser Tag hat der Weltgemeinschaft unabstreitbar vor Augen geführt, dass die Vernichtung der Jüdinnen und Juden auch heute noch das Ziel der Antisemiten ist, ganz gleich welcher Couleur.

In Israel wird seit dem 07.10 um die Menschen getrauert, die von der Hamas getötet wurden und um diejenigen gebangt, die sich immer noch in der Gewalt der Terroristen befinden. Im Rest der Welt dauerte es hingegen nicht lange, bis die ersten Organisationen unverhohlenes Verständnis für den Terror der Hamas äußerten oder ihm mit relativierender Ignoranz begegneten. Seit dem Beginn des israelischen Militäreinsatzes wird dieser zum Vorwand genommen, um dem jüdischen Staat das Recht auf Existenz und Verteidigung gegen antisemitischen Terror abzusprechen. Angriffe auf Jüdinnen und Juden haben seitdem weltweit in erschreckendem Ausmaß zugenommen. Die propalästinensischen Mobilisierungen offenbarten auch in Deutschland wieder einmal das antisemitische Potential in der Bevölkerung: Antisemitische Schmierereien, abgerissene Plakate der Entführten, in NS-Manier markierte Häuser, oder Angriffe auf jüdische Einrichtungen und Menschen sind seitdem an der Tagesordnung.

Hier zeigt sich: Hinter dem Antizionismus, der so gerne als „Israelkritik“ bezeichnet wird, steht nichts anderes als der Hass auf Juden. Denn der Antizionismus überträgt schlicht den klassischen Antisemitismus auf Israel als jüdischen Staat: Israel wird unter Verdrehung jeglicher historischer Fakten als „Apartheidstaat“, „zionistisches Gebilde“ und als Produkt eines „Siedlerkolonialismus“ delegitimiert. Wo den Juden seit jeher Wurzellosigkeit unterstellt wird, wirft man heute bevorzugt Israel vor, entweder ein künstliches Gebilde zu sein, oder aber stur an überkommener Nationalstaatlichkeit festzuhalten.

Der Zionismus ist aber kein Nationalismus wie jeder andere, denn er entstand als Reaktion auf den Antisemitismus in den bürgerlichen Nationalstaaten. Die Vorstellung, dass die Juden außerhalb jedes nationalen Kollektivs stünden und deshalb vom Erdboden verschwinden müssten, hat der Nationalsozialismus zur grausamen Realität werden lassen.

Deshalb ist Israel heute so wichtig für Jüdinnen und Juden weltweit, weil es der einzige Staat ist, der immer mit allen Mitteln versuchen wird, die Vernichtung der Juden zu verhindern. Die Shoah hat unwiderruflich gezeigt, dass alle anderen Staaten der Welt darin versagt haben. „Nie wieder“ muss deshalb heute immer auch heißen: „Solidarität mit Israel!“

Hinter dem Kampf gegen den jüdischen Staat vereinen sich seit jeher Anhänger regressiver Ideologien jeglicher Couleur: Im Antisemitismus ist eine Kampfansage an das uneingelöste Versprechen der Aufklärung, an jegliche Vorstellung von individuellem Glück und Freiheit enthalten, die nicht nur Neonazis und Islamisten miteinander teilen. 

Diese ideologischen Hintergründe des Antisemitismus müssen erkannt und benannt werden! Ein Antifaschismus, der zu mehr als einer Wohlfühlidentität taugen soll, darf nicht zulassen, dass dieser antisemitische Hass ungehindert verbreitet werden kann und muss sich allen antisemitischen Akteuren entschieden entgegenstellen. Gerade auch hier in Oldenburg, vor unserer eigenen Haustür!

Antisemitische Aktivitäten in Oldenburg

Denn auch hier haben wir seit dem 7.10. von unzähligen antisemitischen Vorfällen in der Stadt erfahren: Es gab mehrere Fälle von Beleidigungen, Bedrohungen und sogar körperlichen Angriffen durch Oldenburger Antisemiten. In Veranstaltungen, auf Demonstrationen und mit unzähligen Flyern, Aufklebern sowie Schmierereien in der ganzen Stadt wird ungehindert Hass auf Israel geschürt, seine Vernichtung gefordert und sich dabei der Sprache des tradierten Antisemitismus bedient: An der Uni tauchten Flyer auf, in denen Zionisten als „Teufelskinder“ bezeichnet wurden oder das Massaker der Hamas als „Antwort des Palästinensischen Widerstands“ gerechtfertigt wurde. Immer wieder wurden Plakate der israelischen Geiseln abgerissen und damit eine Empathielosigkeit mit den Opfern grausamer Gewalt an den Tag gelegt – weil sie Juden sind!

Antisemitische Schmierereien im öffentlichen Raum sind an der Tagesordnung: Großflächige Hakenkreuzschmierereien und andere antisemitische Symbole und Parolen sind immer wieder in der Stadt zu finden. In Osternburg wurde das Alhambra mit antisemitischen Parolen vollgekritzelt. Die Gegend um den jüdischen Friedhof, der da ganz in der Nähe ist, wurde ebenfalls beschmiert. Der Friedhof selbst blieb ein Glück verschont. Das geschah diese Woche – in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag!

Diese Aufzählung ließe sich noch weiter fortführen. Denn auch hier fühlen sich linke, islamistische und rechte Antisemiten seit dem 07.10. bestärkt, ihren Antisemitismus insbesondere in Form des Hasses auf den jüdischen Staat auszuagieren:

Seit Oktober mobilisieren antisemitische Akteure aus Oldenburg in regelmäßigen Abständen unter dem Deckmantel der Solidarität mit Palästinensern zu antisemitischen Demonstrationen in der Stadt. Es ist dokumentiert, dass dort offene Vernichtungsaufrufe gegen Israel und seine Bevölkerung geäußert wurden!

Die antisemitische BDS-Kampagne in Oldenburg brachte ihren Hass auf Israel im letzten Monat auf zwei Veranstaltungen zum Ausdruck, dort versammelten sich unter anderem auch Islamisten aus Oldenburg und dem Umland. Dass sich solche Leute weitgehend ungehindert auf Oldenburgs Straßen versammeln können, sollte alarmieren!

Auch Antisemiten aus dem verschwörungsideologischen und rechtsextremen Milieu verbreiteten mit Beginn der Coronapandemie teils in großen Demonstrationen über die letzten vier Jahre hinweg ihre antisemitischen Deutungsmuster von Pandemie und gesellschaftlichen Verhältnissen regelmäßig auf Oldenburger Straßen und im öffentlichen Raum.

Es muss endlich von den Sicherheitsbehörden ernst genommen werden, dass es in Oldenburg seit vielen Jahren ein antisemitisches Milieu gibt, das mitunter auch gewaltbereit ist. Auch die Stadt Oldenburg muss sich öffentlich klar positionieren gegen alle antisemitischen Aktivitäten und Akteure in der Stadt Oldenburg. Polizeibeamte müssen über antisemitische Erscheinungsformen aufgeklärt werden. Denn damit Antisemitismus strafrechtlich verfolgt werden kann, muss er erst einmal erkannt werden! Das war bei der Oldenburger Polizei in der Vergangenheit leider nicht immer der Fall.

Die Bekämpfung des Antisemitismus kann aber nicht allein Aufgabe der Polizei sein, denn er ist ein Problem, das aus dieser Gesellschaft heraus entsteht. Bis zur Überwindung des Antisemitismus durch eine Abschaffung seiner gesellschaftlichen Ursachen müssen Staat und Zivilgesellschaft deshalb alles unternehmen, um ihn zurückzudrängen.

Die Zivilgesellschaft muss aktiv werden gegen Antisemitismus!

Wir haben im letzten halben Jahr unermüdlich immer wieder auf den in der Stadt erstarkenden Antisemitismus und die Akteure, die ihn verbreiten, hingewiesen und vor seinem Gewaltpotential gewarnt. Leider müssen wir feststellen, dass sich dafür viel zu wenige Menschen in der Stadt interessieren! Während bei den Demonstrationen gegen Rechts erfreulicherweise 17.000 Menschen hier auf die Straße gingen, war es in den letzten Monaten um öffentlich zum Ausdruck gebrachte Solidarität mit Jüdinnen und Juden in der Oldenburger Zivilgesellschaft schlecht bestellt. Maximal einige hundert Teilnehmer kamen zu unseren Kundgebungen gegen Antisemitismus. Es ist traurig, dass erst solche Taten passieren müssen, bevor die Oldenburgerinnen und Oldenburger in größeren Massen deutliche Haltung zeigen gegen Antisemitismus.

Wir bedanken uns bei allen, die heute hier sind und hoffen, dass ihr auch in Zukunft als eine starke Oldenburger Zivilgesellschaft, die Position bezieht gegen jeden Antisemitismus, mit uns zusammen solidarisch an der Seite von Jüdinnen und Juden steht. 

Der Anschlag vom Freitag ist trauriger, beschämender und erzürnender Höhepunkt einer sich seit Monaten verschlimmernden antisemitischen Stimmung in Oldenburg. Der Brandanschlag auf die Synagoge stellt eine neue und seit 1945 in Oldenburg nicht dagewesene Dimension antisemitischer Gewalt dar.

Die Tatsache, dass sich der Antisemitismus immer auch gegen die Werte und Ideale der modernen und demokratischen Gesellschaft richtet, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der antisemitische Anschlag tatsächlich nicht „uns alle“ getroffen hat. Sein Ziel waren ganz konkret Jüdinnen und Juden.

Deshalb sind wir nun alle gefragt, nach diesem furchtbaren Anschlag auf die Synagoge an der Seite der Oldenburger Jüdinnen und Juden zu stehen. Bringt eure Solidarität zum Ausdruck und tretet Antisemitismus nicht nur heute, sondern auch im Alltag entgegen! Seid für jüdische Freundinnen und Freunde da, zeigt Empathie und unterstützt sie in dieser schwierigen Zeit!

In diesem Sinne: Lasst uns bei dem gleich folgenden Demonstrationsumzug laut sein gegen Antisemitismus und unseren Forderungen deutlichen Ausdruck verleihen!

Wir fordern:

  • Eine umfassende und konsequente Aufklärung des antisemitischen Anschlags
  • Ermittelte Täter müssen angemessen strafrechtlich verfolgt werden und antisemitische Tatmotivationen müssen in den Ermittlungen ernst genommen und benannt werden!
  • Jüdische Einrichtungen sowie Jüdinnen und Juden in Deutschland müssen mit allen Mitteln geschützt werden.
  • Die Unterstützer des antisemitischen Terrors in Deutschland müssen auf allen Ebenen bekämpft werden.
  • Antisemitische Akteure in Oldenburg müssen als organisierte Bedrohung für jüdisches Leben ernst genommen werden!
  • Es braucht ein umfassendes Verständnis von Antisemitismus, das diesen nicht nur als Bedrohung von Rechts betrachtet, sondern in allen seinen Erscheinungsformen bekämpft
  • Es darf keine Zusammenarbeit oder staatliche Förderungen geben für Organisationen, Einrichtungen und Personen, die Antisemitismus verbreiten oder ihm eine Plattform bieten.
  • Es müssen mehr Bildungs- und Präventionsangebote insbesondere gegen israelbezogenen Antisemitismus geschaffen und angemessen finanziert werden. Auch für Lehrkräfte muss eine Auseinandersetzung mit Antisemitismus verpflichtend sein.

Gegen jeden Antisemitismus und Antizionismus!
Solidarität mit Jüdinnen und Juden!

Bericht: Solidarität mit Jüdischer Gemeinde nach Anschlag

Am Freitag, 05.04.2024 wurde mitten am Tag ein Brandanschlag auf die Oldenburger Synagoge verübt. In Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg riefen wir für Freitagabend kurzfristig zu einer Mahnwache vor der Synagoge auf und für Sonntag zu einer Demonstration um die Oldenburger Innenstadt.

Foto: PixelMatsch

Am Sonntagnachmittag sind über 750 Menschen unserem Aufruf gefolgt und brachten bei einer Demonstration um die Oldenburger Innenstadt ihre Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg zum Ausdruck und setzten ein sichtbares Zeichen gegen jeden Antisemitismus.

Es war die bisher größte Demonstration gegen Antisemitismus in Oldenburg!

Foto: PixelMatsch

Nach unserer Zählung beteiligten sich zu Anfang des Umzugs mindestens 750 Menschen. Wir halten es daher nicht für zutreffend, dass in der Presse teilweise nur von 400 Teilnehmenden die Rede war.

In Redebeiträgen sprachen die Landtagspräsidentin Hanna Naber, der Oldenburger Oberbürgermeister Jürgen Krogmann sowie der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Thomas Adomeit, der Jüdischen Gemeinde Solidarität aus und verurteilten den Anschlag.

Hanna Naber zitierte in ihrer Rede den Song „Oktober in Europa“ der Antilopen-Gang, welcher den steigenden Antisemitismus in der Folge des 07.10. thematisiert. Sie verwies auf antisemitische Vorfälle aus den letzten Jahren, u.a. den Anschlag von Halle, die documenta sowie den deutlichen Anstieg antisemitischer Straftaten seit dem 07.10.:

„Die Zunahme von antisemitischen Angriffen, Vorfällen und Äußerungen ist erschreckend. Gesellschaftlich haben wir noch keine adäquate Antwort darauf gefunden. Doch ist und bleibt der Kampf gegen Antisemitismus eine fortwährende – und wie mir scheint: noch wichtiger werdende Aufgabe von uns allen.“

Ein christlicher Chor aus Ohmstede begleitete die Auftaktkundgebung mit dem Lied „Osse Shalom“.
Die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg bedankte sich in zwei Redebeiträgen ausdrücklich für die Solidarität aus der Oldenburger Zivilgesellschaft.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen, die gekommen sind und ihre Solidarität zum Ausdruck gebracht haben.

Wir hoffen auch für zukünftige Aktionen gegen Antisemitismus auf eine solche nachdrückliche Beteiligung aus der Oldenburger Zivilgesellschaft.

Unseren Redebeitrag, den wir auf der Demonstration hielten, werden wir in Kürze veröffentlichen.

Mahnwache vor der Synagoge am Freitag:

Titelbild: Pixel Matsch

Demonstration: Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde – gegen jeden Antisemitismus

Aufruf zur Demonstration | Sonntag, 07.04.2024, 13 Uhr | Julius-Mosen-Platz

Am Freitag wurde am helllichten Tag mitten in Oldenburg ein Brandanschlag auf die Synagoge in der Leo-Trepp-Straße verübt. Glücklicherweise konnten die Hausmeister eines benachbarten Kulturzentrums durch schnelles Handeln eine Ausbreitung des Feuers verhindern. Wir sind entsetzt und wütend über diesen antisemitischen Anschlag und es erschüttert uns zutiefst, dass die Jüdische Gemeinde wenige Stunden später den Schabbatgottesdienst unter diesen schrecklichen Bedingungen begehen musste.

Ein solcher Angriff auf das jüdische Leben in Oldenburg darf auf keinen Fall hingenommen werden! Deshalb rufen wir für Sonntag 13 Uhr zu einer Demonstration auf: in Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg und gegen jeden Antisemitismus.

Der Anschlag ist trauriger, beschämender und erzürnender Höhepunkt eines sich seit Monaten verschlimmernden antisemitischen Klimas in Oldenburg. Seit dem antisemitischen Pogrom der Hamas am 07.10.2023 und dem Beginn des israelischen Militäreinsatzes zur Selbstverteidigung haben Angriffe auf Jüdinnen und Juden weltweit in erschreckendem Ausmaß zugenommen.

Auch in Oldenburg fühlen sich linke, islamistische und rechte Antisemit*innen bestärkt, ihren Antisemitismus insbesondere in Form des Hasses auf den jüdischen Staat auszuagieren: In den letzten Monaten gab es hier mehrere Vorfälle von Beleidigungen, Bedrohungen und sogar körperlichen Angriffen durch Antisemit*innen. In Veranstaltungen, auf Demonstrationen und mit unzähligen Flyern, Aufklebern sowie Schmierereien in der ganzen Stadt wird ungehindert Hass auf Israel geschürt, seine Vernichtung gefordert und sich dabei der Sprache des tradierten Antisemitismus bedient.
Des Weiteren findet an diesem Wochenende der antisemitische Al Quds Tag statt. Diesen nehmen Anhänger*innen des islamistischen iranischen Regimes zum Anlass, ihren Vernichtungswunsch gegen Israel sowie Jüdinnen und Juden weltweit auch in Deutschland auf die Straße zu tragen.

Der Brandanschlag auf die Synagoge stellt eine neue und seit 1945 in Oldenburg nicht dagewesene Dimension antisemitischer Gewalt dar. Sie entsteht jedoch nicht aus dem Nichts heraus, sondern hat einen gesellschaftlichen Nährboden. Deshalb darf die Bekämpfung des Antisemitismus nicht erst dort anfangen, wo er bereits in die ihm schon immer innewohnende offene Gewalt und die Umsetzung des Vernichtungsdrangs in die Tat umgeschlagen ist. 

Angriffe auf Jüdinnen und Juden sowie das jüdische Leben insgesamt sind keine Einzelfälle. Egal in welcher Erscheinungsform der Antisemitismus auftritt, eines ist gewiss: Am Ende sind immer Jüdinnen und Juden gemeint, und sie sind es auch, die er trifft. Das führt der Anschlag auf die Synagoge erneut mit erdrückender Gewissheit vor Augen.

Die Hintergründe des Brandanschlags müssen schnellstmöglich aufgeklärt und Täter*innen gefasst werden! Es ist unbedingt notwendig, dass die Stadt Oldenburg und die Zivilgesellschaft nun an der Seite der Jüdischen Gemeinde steht und alles unternimmt, um Jüdinnen und Juden in Oldenburg ein sicheres Leben zu ermöglichen.

Gegen jeden Antisemitismus und Antizionismus!
Solidarität mit Jüdinnen und Juden!

HEUTE: Aufruf zur Mahnwache in Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde

Heute, am Freitag den 05.04.2024 um 13.10 Uhr wurde ein antisemitischer Brandanschlag auf die Jüdische Gemeinde in Oldenburg verübt.

Mitten am Tag wurde ein Brandsatz auf die Oldenburger Synagoge geworfen, wobei nur mit Glück kein Mensch zu Schaden kam.

Seit dem antisemitischen Pogrom der Hamas vom 07.10.2023 fühlen sich rechte, linke und islamistische Antisemit*innen bestärkt und weltweit haben Angriffe auf Jüdinnen und Juden in erschreckendem Ausmaß zugenommen. Auch in Oldenburg.

Wir werden dem entgegen stehen unsere Solidarität zeigen! Deshalb kommt alle zur heutigen Mahnwache!

Uhrzeit: 20 Uhr
Ort: Jüdische Gemeinde zu Oldenburg
vor der Synagoge in der Leo-Trepp-Straße 15-17

Wie man sich nicht für Antisemitismus entschuldigt

Einige Anregungen zur Auseinandersetzung mit Antisemitismus an das FemRef

Das autonome feministische Referat der Universität Oldenburg (FemRef) veröffentlichte am 21.03.2024 auf Instagram eine Stellungnahme, mit der sie sich für ihre Befürwortung und Verbreitung von antisemitischen Inhalten einer Gruppierung an der Uni Oldenburg, die sich für ein autonomes BIPoC-Referat einsetzt, entschuldigen wollten. Wir möchten unsere Kritik am Text des FemRef deutlich machen und ein paar Probleme und Fragen aufwerfen, die wir für eine tatsächliche Auseinandersetzung mit Antisemitismus in progressiven Kontexten für wichtig halten.

Ihr habt als FemRef eine Stellungnahme verfasst, in der ihr leider erneut offenbart, dass euch zentrale Einsichten über den Antisemitismus fehlen. Dass antisemitische Vorfälle seit dem 07.10. massiv zugenommen haben, räumt ihr lediglich in einem Satz ein, aber die antisemitischen Zustände an Unis oder hier in Oldenburg bekommen keinen weiteren Platz mehr in einem Statement, das als Entschuldigung für Antisemitismus verstanden werden soll. Wir haben im letzten halben Jahr kontinuierlich in Texten, auf Kundgebungen und durch Veranstaltungen über Antisemitismus und entsprechende Vorfälle, Mobilisierungen und Akteur*innen in Oldenburg aufgeklärt. An öffentlichen und leicht zugänglichen Informationen darüber mangelt es also nicht.

Ihr schreibt, ihr wollt euch mit Antisemitismus auseinandersetzen. Das ist gut, aber warum belasst ihr es dann bis zur weiteren Auseinandersetzung nicht dabei, einfach euren Fehler einzugestehen? So erweckt das Statement den Eindruck, dass es euch statt der Thematisierung von Antisemitismus wichtiger erschien, eure Sicht auf den Krieg in Gaza darzulegen. Euer Statement geht in der Konsequenz wieder in die selbe Richtung, von der ihr euch distanzieren wolltet: Ihr lasst zum Beispiel einfach aus, dass die Hamas durch den unfassbar grausamen Akt des Terrors gegen die israelische Bevölkerung, den sie am 07.10. beging sowie durch das Festhalten der Geiseln für das aktuelle Leid der palästinensischen Zivilist*innen verantwortlich ist. Warum tut ihr so, als wären diejenigen, die den antisemitischen Vernichtungswahn der Hamas kritisieren, blind für das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung? Dem ist nicht so, denn wer das Ende der Hamas fordert, spricht sich damit auch für die Teile der palästinensischen Zivilbevölkerung aus, die noch nicht ihrer Indoktrination zum Opfer gefallen sind. Wer jedoch den Terror der Hamas unterstützt, gleich auf welche Art, verdient dafür auch kein Verständnis.

Ob man Israel oder die Hamas für das Leid und Elend in der Region verantwortlich macht, ist keine Frage der Betroffenheit oder Perspektive, sondern hängt daran, ob man willens ist, eine antisemitische, islamistische Terrororganisation als das zu erkennen, was sie ist und in den Forderungen die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Die Hamas benennt ihr ja richtigerweise als Terrororganisation, aber in euren Forderungen nach Waffenstillstand an ALLE Parteien oder dem Verweis auf ein Recht auf Unabhängigkeit für die Palästinenser*innen spiegelt sich dieser Sachverhalt nicht wider. Wenn ihr so etwas fordert, könnt ihr dann auch beantworten, wie die israelische Bevölkerung in Sicherheit leben soll, wenn euer geforderter Waffenstillstand jederzeit durch die Hamas im Terror aufgekündigt werden und der 7.10. sich wiederholen kann? Wie genau soll die von euch geforderte palästinensische Unabhängigkeit aussehen, wenn diese aktuell sowohl in Gaza als auch in der Westbank durch antisemitische Terrororganisationen regiert werden? Und ist euch eigentlich bewusst, dass es bereits 1948 die Möglichkeit gegeben hätte, neben Israel auch einen Staat Palästina zu gründen, was aber damals von den arabischen Regimen und Anführern abgelehnt wurde?

In der angeblichen Ausgewogenheit, auf „beide Seiten“ zu schauen, unterschlagt ihr leider einiges.  

Denn „Multiperspektivität“ und Betroffenenperspektiven helfen nicht automatisch dabei, Antisemitismus zu erkennen, sondern können ihn schlimmstenfalls sogar befördern: Diese Perspektiven erklären nichts aus sich selbst heraus, sondern müssen eingeordnet und in Erklärungsansätze eingebettet werden. Dafür ist zentral, welchen Begriff man vom Antisemitismus und auch Rassismus hat, sonst müsste man beispielsweise auch antisemitischen Jüdinnen und Juden zuhören.

Antisemitismus lässt sich nicht in den Kategorien eines identitätspolitischen Antirassismus begreifen. Er ist keine bloße Diskriminierungsform und es schlägt auch fehl, seine Ursachen allein in „Antisemitismen“ zu sehen, die man in der Sozialisation „internalisiert“ hat. Es ist doch kein Zufall, dass ihr ein antisemitisches Statement der Gruppe, die sich für ein autonomes BIPoC Referat an der Uni Oldenburg einsetzt, geteilt habt und eben keines der AfD, in der es ebenfalls nicht an Antisemitismus mangelt.

Leider ist es kein Einzelfall, dass (queer-)feministische, antirassistische und andere progressive Gruppen Antisemitismus verbreiten: Unzählige Migrantifa und BIPoC-Gruppierungen beteiligen sich seit dem 07.10. massiv an antisemitischen Mobilisierungen, zahlreiche Feminist*innen schweigen zum Terror gegen israelische Frauen oder verharmlosen ihn sogar – am prominentesten die queerfeministische Ikone Judith Butler, die Beweise für die Vergewaltigung israelischer Frauen durch palästinensische Terroristen fordert, obwohl diese unbestreitbar vorliegen! Menschen, die auf Grund ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung für die islamistische Hamas ein Feindbild darstellen, demonstrieren unter dem Schlagwort „Queers for Palestine“ zusammen mit IslamistInnen und blenden dabei die furchtbare Lage von LGBTIQ in den palästinensischen Gebieten aus. Das alles führt dazu, dass Jüdinnen und Juden immer wieder auf schmerzhafte Weise Ausschlüsse aus (queer-)feministischen, antirassistischen und progressiven Bewegungen erfahren. Wie wollt ihr euch erklären, dass all das keine Einzelfälle sind, ohne euch zu fragen, in welchem Zusammenhang das mit euren politischen Ansätzen steht?

Wenn es euch ernst ist mit der Selbstreflexion und ihr verhindern wollt, dass ihr wieder Antisemitismus verbreitet, müsstet ihr euch damit auseinandersetzen, wie diese konkrete Äußerungsform des Antisemitismus in euer politisches Denken gelangt ist. Ihr solltet euch fragen, warum Antisemitismus eigentlich im Konzept der „Intersektionalität“ in den meisten Fällen keine Rolle spielt und welche Folgen das hat. Ihr solltet euch anschauen, wo bestimmte antirassistische Ansätze wie „Critical Whiteness“ oder „Postkolonialismus“ antisemitische Deutungen beinhalten und warum das so ist. Wie wollt ihr sonst verhindern, dass der notwendige Kampf gegen Rassismus im Antisemitismus endet und damit seine emanzipatorische Intention ins Gegenteil verkehrt wird?

Und ihr solltet euch fragen, warum ihr die BIPoC-Gruppe für kompetent gehalten habt, etwas zum Thema Antisemitismus zu schreiben. Stellen für euch jegliche marginalisierten Perspektiven unabhängig von den geäußerten Inhalten bereits einen wertvollen Beitrag dar und wollt ihr diesen die alleinige Deutungsmacht überlassen, was rassistisch ist oder nicht? Dann lässt sich aber auch nicht mehr kritisieren, wenn aus solchen Perspektiven der Zionismus als rassistisch oder Israel als Apartheidstaat bezeichnet wird. Solche dämonisierenden Falschdarstellungen zielen darauf, jüdische nationale Selbstbestimmung grundsätzlich als unmoralisch zu delegitimieren und bestreiten das Existenzrecht Israels. Deshalb sind sie der IHRA-Definition zufolge Ausdruck von Antisemitismus – der sich in diesem Fall auf eine explizit antirassistische Art und Weise äußert.

Wir hoffen, dass ihr euch die Zeit nehmt, euch mit diesen Fragen ernsthaft auseinanderzusetzen, ansonsten bleibt die Befürchtung, dass eure Stellungnahme vielleicht gut gemeint war, aber zu nicht mehr als einem Lippenbekenntnis taugt.

Aufruf: Gegen die antisemitische „Israeli Apartheid Week“

Gegenprotest: 22.03.2024 | 16.30 Uhr | OBS Eversten

Am 22. März wollen antisemitische Akteure in Oldenburg, unter ihnen die örtliche BDS-Kampagne, erneut eine Veranstaltung im Rahmen der „Israeli Apartheid Week“ durchführen. Ein zentraler Propagandist der antisemitischen Boykottkampagne gegen Israel ist Christoph Glanz, bei dessen letzter Veranstaltung auch IslamistInnen willkommen waren.

Die seit 2005 maßgeblich von der BDS-Kampagne organisierte Reihe zielt darauf, Israel zu delegitimieren, indem die berechtigte Existenz eines jüdischen Staates als grundsätzlich rassistisch umgedeutet wird. Grundlage der Anschuldigung, Israel sei ein Apartheidstaat bildet dabei die Umkehr von Täter und Opfer, die konsequente Ausblendung der Gründe, warum Israel als jüdischer Staat existieren muss, sowie die projektive Zuschreibung der Schuld am Elend im Nahen Osten an Jüdinnen und Juden.

Dass man angebliche Apartheid ausgerechnet in Israel entdecken will, während es in Nachbarstaaten und -gebieten mit dem Tode bestraft wird, einem Juden Land zu verkaufen, weitgehend im Nahen Osten eine rigide Geschlechterapartheid herrscht und Nicht-Muslime außerhalb Israels sich keineswegs sicher sein können, nicht als Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden, hindert nur jene nicht daran, beim Apartheid-Vorwurf gegen Israel stutzig zu werden, für die wider aller Rationalität das Übel der Welt schon feststeht.

Die desolate menschenrechtliche Lage im Gazastreifen sowie in Teilen Judäas und Samarias wird dabei nicht der Terrororganisationen Hamas und der palästinensischen Autonomiebehörde zugeschrieben, welche die Verantwortung dafür tragen, sondern den Opfern ihres Terrors, die sich verteidigen müssen.

Gegenprotest ist notwendig!
Wir werden nicht zulassen, dass die antisemitische BDS-Kampagne in Oldenburg ungestört agieren kann und protestieren dagegen, dass ihr städtische Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Der letzte Gegenprotest hat gezeigt: Menschen, die gegen Antisemitismus auf die Straße gehen, stellen für das BDS-Umfeld ein störendes Ärgernis dar. Das soll auch dieses Mal so sein!

Darum rufen wir auf:
Setzt mit uns gemeinsam ein Zeichen gegen Antizionismus und Antisemitismus in Oldenburg und schließt euch zahlreich dem Gegenprotest an!
Die BDS-Veranstaltung findet um 17.00 Uhr an der Oberschule Eversten statt. Dass in einer Schule solche antisemitischen Veranstaltungen stattfinden dürfen, ist ein Skandal. Wir rufen daher auch die Leitung und Angehörigen der OBS Eversten dazu auf, sich unserem Gegenprotest anzuschließen.

Der Gegenprotest beginnt um 16.30 Uhr vor dem Schulgebäude

Der Eingang ist auf der Seite der Adenauerallee. Erreichbar über Bushaltestelle Uhlhornsweg.
In Google Maps anzeigen: https://maps.app.goo.gl/PxV9V5HDHX9XNUFz5

Aufruf: Believe Israeli Women!

Kundgebung gegen die sexuelle Gewalt und Folter gegenüber israelischen Frauen am und seit dem 07. Oktober sowie deren Leugnung, Verharmlosung und Rechtfertigung

08. März – 16:30 Uhr – Julius Mosen Platz

Am 7. Oktober 2023 verübten Terroristen der Hamas und weiterer islamistischer Organisationen in Israel ein groß angelegtes Massaker, bei dem über 1200 Menschen auf brutalste Art und Weise ermordet wurden. Mädchen und Frauen waren von dieser vernichtungsantisemitischen Gewalt besonders betroffen: unzählige israelische und jüdische Frauen wurden Opfer gezielter sexueller Gewalt und Folter.
Unter den über 240 nach Gaza verschleppten Geiseln waren viele Mädchen und Frauen und unter den ca. 130 noch immer festgehaltenen Geiseln sind auch heute noch mindesten 14 Mädchen und Frauen. Die Berichte der seit November befreiten Geiseln machen den unvorstellbaren Horror deutlich, zu dem die Hamas fähig ist. Der Sadismus, mit dem Videos verbleibender Geiseln, junger Frauen, von der Hamas als Druckmittel verbreitet werden, ist nicht auszuhalten. Naama Levy (19) in Gefangenschaft zu wissen, die am 7. Oktober mit vollgebluteter Jogginghose von Hamas-Terroristen auf der Ladefläche eines Jeeps verschleppt wurde, muss bei allen Feminist:innen die Forderung auslösen:

Believe Israeli Women
Free the Hostages!
Bring them Home Now!

Dass die Realität anders aussieht, hat sich in den letzten Monaten auf verstörende Art und Weise gezeigt. International wurde und wird die misogyne und antisemitische Gewalt ignoriert, relativiert, gerechtfertigt, geleugnet und teilweise auch gefeiert, sogar von vermeintlich progressiven, sogar von vielen explizit feministischen Organisationen. Für die notwendige Empathie mit dem Leid unbeteiligter palästinensischer Zivilist:innen in Gaza braucht es diesen Antisemitismus in keiner Weise.
Wir wollen diesen Freitag, am Internationalen Frauenkampftag, gegen diese Gewalt, den konkreten systematischen Einsatz von sexueller Gewalt als Kriegswaffe, sowie deren verschwörungstheoretische sowie antisemitische Leugnung, Relativierung und Rechtfertigung ein Zeichen setzen.

Gegen selektiven Feminismus – für einen universellen Feminismus!

Die Kundgebung wird um 16:30 Uhr auf dem Julius-Mosen-Platz beginnen.


Unterstützt durch:
–  Bündnis Jüdische Frauen Oldenburg
–  Junges Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Oldenburg
–  Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Oldenburg
–  Deutsch-Israelische Gesellschaft Oldenburg
– Gesellschaft für kritische Bildung
– VJS Nord (Verein Jüdischer Studierender Nord)
– AStA der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
– IBIS – Interkulturelle Arbeitsstelle für Forschung, Dokumentation, Bildung und Beratung e.V.