Combatants for Antizionism

Israelbezogener Antisemitismus und Kooperation mit BDS-Aktivist bei Veranstaltung von „Werkstatt Zukunft“

Unter dem Titel „Combatants for Peace – Der lange Weg zum Frieden in Israel und Palästina“ fand am 11. November 2023 eine auf Video aufgenommene Veranstaltung von „Werkstatt Zukunft“ statt. Zwei Schüler*innen der Oldenburger Waldorfschule interviewten Rotem Levin und Osama Eliwat von der NGO „Combatants for Peace“ (CfP). Dabei wurden nicht nur unwidersprochen israelbezogener Antisemitismus verbreitet, sondern darüber hinaus mit Christoph Glanz ein bekannter Propagandist der antisemitischen BDS-Bewegung als Übersetzer engagiert.

Screenshot https://werkstatt-zukunft.org/

Gefördert wurde das Video nach Angaben von „Werkstatt Zukunft“ über das Projekt „Eine Welt – Eine Zukunft“ durch Mittel des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Es sollte laut „Werkstatt Zukunft“ auch bei oeins ausgestrahlt werden, doch dazu kam es nicht. Am 13.12. machten wir mit einem offenen Brief auf den darin verbreitete antizionistische Propaganda und die Kooperation mit Christoph Glanz aufmerksam. Seitdem ist das Video bei „Werkstatt Zukunft“ von der Seite verschwunden.[1] Es folgte jedoch keine Distanzierung von Glanz oder den Inhalten der Veranstaltung und auch auf dem Facebook und Instagram-Account sind noch Posts dazu zu finden.

Bei „Werkstatt Zukunft“ handelt es sich gemäß Selbstdarstellung um ein „Projekt der Medienbildung mit besonderem Fokus auf Umwelt, Nachhaltigkeit, sozialer Gerechtigkeit und Entwicklungszusammenarbeit – aber auch Demokratie und Friedensbildung, Jugend, Kultur und Vielfalt“. Der Postwachstumsideologe Niko Paech ist in zahlreichen Videos zu Gast und auch Andreas Zumach wurde schon mehrmals eingeladen.

„Werkstatt Zukunft“ ist bestens vernetzt in die Oldenburger Zivilgesellschaft und Kulturszene. Daher halten wir es für wichtig, insbesondere die Netzwerk- und Kooperationspartner*innen von „Werkstatt Zukunft“ über diese Veranstaltung aufzuklären. Dies erscheint notwendig, haben doch bei dem Instagrambeitrag zum Video „Combatants vor Peace“ unter anderem eine Stadträtin der Grünen, eine postkoloniale Aktivistin von DeKOL und die Oldenburger Kulturetage ein Like dagelassen.

Wer sind die „Combatants for Peace“?

Eine Veranstaltung mit einem Israeli und einem Palästinenser von einer Organisation mit dem Namen „Combatants for Peace“ legt auf den ersten Blick Neutralität, Ausgewogenheit und „zwei Seiten“ nahe. Wie jedoch „NGO Monitor“ feststellte, steht der von CfP geäußerte Anspruch, jede Seite solle das Narrativ der anderen verstehen, im Gegensatz zu den Positionen, die tatsächlich von der Organisation verbreitet werden, da man die Schuld in erster Linie einseitig bei Israel sieht. Auch wenn überwiegend von der israelischen Besatzung gesprochen wird, beziehen sich die falschen Vorwürfe gegen Israel wie „Apartheid“ und „Kolonialismus“ nicht nur auf die Zeit seit 1967, sondern auf die Zeit seit seiner Gründung. Die Konsequenz daraus kann nur sein, dass der seit 1948 bestehende israelische Staat für CfP schon bei seiner Gründung illegitim gewesen ist.[2] Eine klare Benennung von Terrororganisationen als Friedenshindernis ist von der NGO nicht zu vernehmen und bei einem von der Organisation veranstalteten alternativen „Remembrance Day“ wird unterschiedslos allen Toten gedacht, egal ob es sich dabei um israelische Zivilisten, die bei einem Terroranschlag ums Leben kamen oder um Hamas-Terroristen handelt.

Vor diesem Hintergrund sind die Aussagen der beiden Vertreter einzuordnen. Diese werden wie folgt vorgestellt: Levin sei aus Israel, Eliwat aus Palästina und beide kämpften früher für ihre Länder. Nun hätten sie die Perspektive des anderen kennengelernt und würden sich für Frieden einsetzen. Sowohl Eliwat als auch Levin sind sich dabei grundsätzlich einig in all ihren Punkten, die Israel verunglimpfen.

Die „palästinensische Seite“: Friedensbewegt gegen Israel

Der als Palästinenser vorgestellte und nach eigenen Angaben als Staatenloser in Israel lebende Osama Eliwat gibt sich das ganze Interview hindurch als Friedensaktivist, der sich für die Menschlichkeit einsetze. Dennoch stellt er den „palästinensischen Kampf“ als berechtigt dar, weil dieser nicht von einem Staat und einer Armee ausgehe.[3] Dass von palästinensischer Seite sehr wohl ein militärischer Kampf gegen Israel geführt wird, und zwar von Terrororganisationen, kommt in seiner Erzählung nicht vor. Die Hamas wird von beiden Interviewten entsprechend kein einziges Mal erwähnt. Eliwat zeichnet das Bild eines legitimen militanten „Freiheitskampfs“ der Palästinenser*innen gegen einen übermächtigen Feind, indem er einem 15-jährigen steinewerfenden Kind einen IDF-Soldaten gegenüberstellt.[4]Anstatt zu kritisieren, dass Kinder u.a. in UNRWA-Schulen und durch von der EU finanzierte Schulbücher dermaßen indoktriniert werden, dass sie sich Steine schmeißend gegen militärisch ausgerüstete volljährige Erwachsene ins Feld schicken lassen, wird der militante Einsatz gegen Israel als „fighting for his freedom“ aufgehübscht.

Dem friedensbewegten Aktivisten zufolge soll der titelgebende „lange Weg zum Frieden in Israel und Palästina“ beschritten werden, indem Israelis und Palästinenser*innen sich vereinigen und Freunde werden, um zusammen gegen „die Besatzung“, welche der Hauptgrund für all die Gewalt und das Sterben sei, zu kämpfen.[5] Eine Versöhnung von Israelis und Palästinenser*innen ist demzufolge nur möglich im Kampf gegen Israel. Ob mit der „Besatzung“ nun die israelische Militärpräsenz im Westjordanland gemeint ist oder auch israelische Militäroperationen im von der Hamas beherrschten Gaza oder gar ganz im Sinne der BDS-Parole „From the river to the sea“ das ganze israelische Gebiet als unrechtmäßig besetzt angesehen wird, wird an dieser Stelle offen gelassen. Dass Eliwat den jüdischen Staat am liebsten verschwunden sähe, lassen nicht nur die genannten Äußerungen seiner Organisation vermuten, die Israel seit seiner Gründung Kolonialismus unterstellen, sondern auch seine zum Ende hin geäußerten Vision für Frieden: Wenn er für ein Zusammenleben aller in einem Land plädiert, verwehrt er damit Jüdinnen und Juden, in einem jüdischen Staat zu leben.[6] Er ignoriert damit, dass Jüdinnen und Juden sich vor dem Hintergrund der Shoah und des globalen Antisemitismus in einer Situation befinden, in der die Existenz Israels als jüdischer Staat als einziger, vor Antisemitismus sicherer Ort auf der Welt überlebenswichtig ist. In einer Welt, die aus Staaten besteht, kann nur ein jüdischer Staat jüdisches Überleben garantieren, deshalb sind Forderungen nach dessen Abschaffung  antisemitisch.

Bezeichnend ist nicht nur, dass das Pogrom der Hamas vom 07.10. erst im letzten Drittel des Gesprächs thematisiert wird, sondern auch die Art und Weise: Auf die Frage nach seiner Reaktion verweist Eliwat als erstes darauf, dass Israel in den letzten Jahren 300 Palästinenser*innen, hauptsächlich Kinder, getötet habe.[7] Damit gibt er Israel die Schuld und relativiert komplett die Verantwortung der Hamas für das größte Pogrom an Jüdinnen und Juden seit der Shoah, nur um ein paar Sätze weiter Israel einen Genozid in Gaza vorzuwerfen.[8] Dabei handelt es sich um eine antisemitische Täter-Opfer-Umkehr.

An Eliwats Äußerungen wird ebenfalls deutlich, dass der friedensbewegte Antisemitismus oft mit Antiamerikanismus einhergeht: Neben Israel sieht Eliwat die USA als maßgeblichen Sündenbock für die Situation in Nahost und damit das Pogrom der Hamas. In diesem Kontext bringt er außerdem völlig unterschiedliche, für die betroffenen Menschen selbstverständlich leidvolle Ereignisse, wie den Vietnam-Krieg, den Irak-Krieg oder die Ermordung der indigenen Bevölkerung in Amerika, in einen Zusammenhang.[9] Es bleibt jedoch völlig unverständlich, was diese mit den Israelis, die seit dem 7.10 von der Hamas brutal ermordet und verschleppt wurden oder mit den palästinensischen Zivilist*innen, die durch den israelischen Militäreinsatz ums Leben kamen, zu tun haben sollen – es sei denn man zieht diese völlig unterschiedlichen Dinge heran, um die USA zu dämonisieren. Dass die einseitige Verurteilung der USA als angeblich einzigen globalen Akteur im Nahen Osten völlig an der politischen Realität vorbei geht, zeigt der Einfluss des Irans in der Region, welcher das Pogrom der Hamas maßgeblich unterstützt hat und mit der Hisbollah vom Libanon aus Terror gegen Israel betreibt. Das wird aber im gesamten Interview kein einziges Mal benannt.

In der friedensbewegten Welt Eliwats gibt es keinen Platz für den Vernichtungsantisemitismus des iranischen Regimes, wenn er sich gegen Waffenlieferungen der „big countries“ ausspricht.[10] Der Iran ist damit sicherlich nicht gemeint, denn er wird selten unter den Begriff eines „big countries“ gefasst. Indem Eliwat nur amerikanische Waffenlieferungen explizit benennt, zielt diese Aussage wieder nur auf Israel. Ohnehin ist die Hamas angesichts existierender Einfuhrhindernisse kreativ und bastelt aus Teilen ziviler Infrastruktur, wie der Kanalisation, Rohre für selbstgebaute Raketenwerfer. Verurteilt wird also wieder einmal nur Israel, statt diejenigen, die zur Not auch selbstgebaute Raketen zum Judenmord nutzen und es dabei in Kauf nehmen, durch diese auch die eigene Bevölkerung zu töten. Die Finanzierung des Hamas-Terrors durch den Iran wird hingegen nicht kritisiert.

Dass die Konsequenz aus dem 07.10. Eliwat zufolge sein müsse, Therapeut*innen zu schicken, ist angesichts des brutalen Massakers an der israelischen Bevölkerung nur noch als zynisch zu bezeichnen. Militanten Antisemit*innen ist nicht mit Psychotherapie beizukommen, denn ihr wahnhafter Hass hat keine individuell-pathologische, sondern eine gesellschaftliche Ursache. Sie am Erreichen ihres Ziels, der Vernichtung des jüdischen Staats, zu hindern, ist nur in Form einer bewaffneten Selbstverteidigung möglich.

Die „israelische Seite“: Antizionistische Unterwerfung unter das „palästinensische Narrativ“

Der zweite Interviewpartner, Rotem Levin, soll in dem Interview wohl die israelisch-jüdische Seite darstellen, die selbst unter Israel leide. Levin unterstützt in der Regel die Aussagen Eliwats und unterfüttert diese mit seiner eigenen Erfahrung. Hier wird nahegelegt, es seien „zwei Seiten“ vertreten, das stimmt aber nicht, denn für die Mehrheit der israelischen Gesellschaft ist klar, dass Israel nach dem 7.10. militärisch gegen die Hamas vorgehen muss. Für den großen Teil der jüdischen Israelis sowie der Jüdinnen und Juden weltweit waren nach dem 7.10. andere Erfahrungen als die von Levin geäußerten relevant: Der Eindruck einer existenziellen Bedrohung vor dem Hintergrund einer auf grausame Art aktualisierten Erinnerung an die Shoah und die quälende Frage nach dem Schicksal der Geiseln. Diese Erfahrungen werden hier aber überhaupt nicht thematisiert. Es entsteht der Eindruck, „israelische Perspektiven“ sind nur willkommen, wenn sie antizionistisch sind.

Gleich zu Anfang berichtet Levin, in einem rein jüdischen Dorf aufgewachsen zu sein, wie die meisten israelischen Orte es seien; somit habe er keine Palästinenser*innen kennengelernt.[11] Die Behauptung, die meisten israelischen Städte und Ortschaften seien rein jüdisch, zielt darauf ab, Israel als Apartheidregime zu dämonisieren. Dabei gibt es keine Beschränkung für nicht-jüdische israelische Bürger*innen, an welchen Orten sie sich niederlassen. Dass hingegen keine Palästinenser*innen in relevanter Größenordnung auf israelischem Staatsgebiet leben, ist wie in jedem anderen Nationalstaat auch damit begründet, dass diese nicht über die israelische Staatsbürgerschaft verfügen. Im gleichen Atemzug spricht Levin jedoch darüber, dass jüdische Israelis keine Freundschaften hätten mit arabischen Israelis und schlägt letztere damit kurzerhand den Palästinenser*innen zu. Das lässt tief blicken, welche Vorstellung von nationaler Zugehörigkeit dahintersteht: Eine, die auf Abstammung und nicht auf Staatsbürgerschaft basiert, und die man bei Rechten zurecht als völkisch kritisiert. Arabische Israelis, die immerhin fast 21 Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen, sind keine Palästinenser*innen, sondern Israelis mit den gleichen Rechten wie jüdische Staatsbürger*innen. Darauf verweisen auch aktuelle Erhebungen, die nicht nur zeigen, dass die Hälfte der israelischen Araber*innen die militärische Antwort Israels für gerechtfertigt hält, sondern auch Einsichten in deren Selbstverständnis gewähren: Für dieses sind die zentralen Bezugspunkte die israelische Staatsbürgerschaft (33%) und eine arabische Identität (32%), während sich nur 8% als Palästinenser*innen sehen. Für Levin können entgegen dieser empirischen Realität Israelis aber offensichtlich nur Jüdinnen und Juden sein, während Araber*innen demnach offensichtlich nur Palästinenser*innen sein können.

In eine verschwörungsideologische Richtung gehen Levins Aussagen, dass den Israelis nur vorgemacht werde, in einer Demokratie zu leben, die Medien gleichgeschaltet wären und es Demokratie ohnehin nur für Jüdinnen und Juden gäbe.[12] Dass es sich um eine Demokratie nicht für Jüdinnen und Juden, sondern für Israelis handelt und damit selbstverständlich auch arabischstämmige Israelis wählen gehen, politische Ämter besetzen dürfen und mit eigenen Parteien in der vorherigen Regierung Israels vertreten waren, wird ausgeblendet.

Wieso verkauft Levin den Zuhörern solche Lügen aus dem Repertoire des israelbezogenen Antisemitismus? Er scheint sie selbst zu glauben, weil er offensichtlich der Illusion einer Versöhnung mit sich selbst aufgesessen ist unter Verhältnissen, in denen eine solche nicht möglich ist, weshalb sie in kompletter Selbstverleugnung mündet: So beschreibt Levin, er habe sich auf einer Art Selbstfindungsreise zusammen mit Eliwat und anderen auf eine spirituelle Reise zum Kern des Menschseins begeben. Seine Erzählung, er hätte sich dort mit Hilfe von Pflanzen mit sich selbst verbinden können, lässt jedoch eher auf einen Trip in Richtung Selbstverleugnung schließen, in dem sich seine ursprüngliche Identität auflöste.[13] Entsprechend erfolgte eine Auflösung des „israelischen Traumas“ nicht durch die Beseitigung von dessen Ursache, dem Antisemitismus, sondern indem es durch eine antizionistische Lüge ersetzt wurde. Denn es wurde nicht alles aufgelöst: Basis des Ganzen war, dass alle erkannt hätten, dass es eine Besatzung und Apartheid gäbe. Erst nachdem er sich dieser antisemitischen Propaganda unterworfen hatte, habe er endlich mit den Palästinenser*innen in Kontakt treten können.

Daher kritisiert Levin ebenfalls die Unterstützung Israels durch die USA sowie Deutschland nach dem Massaker der Hamas vom 7.10. Er behauptet, diese befähige Israel, Völkermord zu begehen, da nicht zwischen Kämpfer*innen und Zivilist*innen unterschieden werde.[14] Aus dieser „Analyse“ leitet er die Forderung eines Waffenstillstands ab, natürlich ohne zu erwähnen, dass es immer wieder die Hamas war, die vergangene Waffenstillstände mit Israel gebrochen hat. Zuletzt hatte die Hamas die Feuerpause vom 24.11. vorzeitig durch den Abschuss von Raketen auf Israel beendet. Trotzdem wird die Forderung nach einem Waffenstillstand allein an Israel adressiert.

Der BDS-Aktivist: Christoph Glanz – ein neutraler Übersetzer?

Neben diesen zahlreichen antizionistischen Äußerungen der beiden Gesprächspartner lohnt sich auch ein Blick darauf, welche Rolle Christoph Glanz bei der Veranstaltung einnimmt, nicht zuletzt da der BDS-Propagandist durch seine Position als Lehrer an der IGS Flötenteich und konkret in der Zusammenarbeit mit den Waldorfschüler*innen Möglichkeiten erhält, Jugendliche mit der antisemitischen Agenda von BDS zu überwältigen. Anhaltspunkte dafür gibt es einige:

So ist Glanz nicht einmal darum bemüht, den Anstrich der Neutralität, den diese Veranstaltung nahelegen soll, zu wahren, indem er ein sogenanntes Palästinensertuch um den Hals trägt. Das als Kufiya bezeichnete Tuch ist seit den 30er Jahren Symbol des arabischen Kampfs gegen die jüdische Präsenz in der Region und die Existenz Israels.

Auch die Übersetzungsleistung von Christoph Glanz ist alles andere als „neutral“: Bereits in der dritten Minute unterläuft ihm ein drastischer Übersetzungsfehler, der einiges über die Ideologie des BDS-Aktivisten aussagt: Auf die erste Frage an den Palästinenser Eliwat nach den Umständen, unter denen er aufgewachsen sei, antwortet dieser: „It’s a difficult question because I felt like I grew up in small box that the system want us both sides to grow up in.“ Glanz übersetzt diesen Satz mit „Ich habe eine Situation erlebt, in der wir eigentlich in kleine Boxen quasi eingesperrt wurden […]“. Das lässt tief blicken in die ideologisch verblendete Weltsicht eines BDS-Aktivisten: Wem es plausibel erscheint, dass Israel Kinder in kleine Boxen sperre, muss den jüdischen Staat wahrlich für das Übel der Welt halten. Eine Rückfrage, ob er diese Aussagen tatsächlich richtig verstanden hat, braucht Glanz deshalb nicht zu stellen, denn er hat das Gerücht über den jüdischen Staat zu gut internalisiert.

Außerdem werden den Interviewten, die ja in Einklang mit Glanz‘ Ideologie stehen, Aussagen in den Mund gelegt, die sie nicht gemacht haben: So emotionalisiert Glanz Eliwats Rede mit der Aussage „Palästinenser sind Menschen und das muss umgesetzt werden.“ Als würde irgendjemand Palästinenser*innen das Menschsein absprechen. Das hat nicht einmal Eliwat behauptet.

Als Eliwat äußert, „Gantz‘ government killed 300 Palestinians, that didn’t happen since 2015, mostly kids.“ übersetzt Glanz: „zum Beispiel auch durch die Ermordung von palästinensischen Jugendlichen in der Westbank oder in Gaza“. Dabei benutzt er statt der korrekten Übersetzung „tötete“ das Wort „Ermordung“ (engl. „murder“) und unterstellt damit eine gezielte Intention Israels. Als Englischlehrer dürfte ihm der Unterschied durchaus geläufig sein.

Christoph Glanz verstärkt somit die antizionistische Stoßrichtung schon durch sein bloßes Auftreten, ebenso wie durch seine Übersetzung, und zeigt, dass es selbst bei einer solchen vermeintlich „neutralen“ Tätigkeit relevant ist, ob man dafür einen BDS-Aktivisten engagiert oder nicht.

„Werkstatt Zukunft“ stellt damit einen BDS-Aktivisten als legitimen Kooperationspartner dar, denn dass dort dessen Aktivitäten nicht bekannt sind, ist ausgeschlossen: Teil des Teams von „Werkstatt Zukunft“ ist u.a. Barthel Pester, Referent der Oldenburger Ratsfraktion von Bündnis 90/die Grünen. BDS und Christoph Glanz sind für ihn keine Unbekannten: Barthel Pester gefällt die „BDS-Initiative Oldenburg“ auf Facebook und er nahm 2017 an der BDS-Veranstaltung mit Christoph Glanz, die in einem Reisebus auf dem Pferdemarkt stattfand, teil. Unter dem FB-Post zum Video „Combatants for Peace“ auf der Seite von „Werkstatt Zukunft“ bedankt sich wiederum Annkatrin Pauli-Glanz, Ehefrau von Christoph Glanz, für die Einladung ihres Ehepartners. Barthel Pester gefällt ihr Kommentar, man scheint sich zu kennen, denn er ist auf Facebook mit Pauli-Glanz befreundet, welche dort auch mit zahlreichen BDS-Kadern vernetzt ist.

Fazit: Eine Plattform für israelbezogenen Antisemitismus und BDS

Es spricht daher nichts dafür, dass es sich bei der Einladung von Christoph Glanz als Übersetzer um einen Zufall oder ein Versehen handelte. Schon allein, weil es über die Löschung des Videos hinaus keine Distanzierung oder ein Signal für eine Aufarbeitung durch „Werkstatt Zukunft“ gab.

Die Veranstaltung und das etwa einen Monat lang öffentlich einsehbare Video von „Werkstatt Zukunft“ bietet unter dem Vorwand des Einsatzes für Frieden und einer angeblich ausgewogenen Darstellung von „zwei Seiten“ eine Plattform für israelfeindliche Propaganda und Akteure. Der jüdische Staat sei keine Demokratie, sondern wird als rassistisches Besatzungs- und Apartheidregime dämonisiert, das die palästinensische Bevölkerung scheinbar ohne Grund drangsaliere und sogar der jüdischen Bevölkerung schade. Palästinensischer Terror wird relativiert, da die Palästinenser*innen lediglich gegen ihre Unterdrückung rebellieren würden. Kein einziges Mal benennen die Interviewten Antisemitismus, den Terror der Hamas als Friedenshindernis oder die Bedrohung Israels durch den Iran.

Es werden zahlreiche Motive des israelbezogenen Antisemitismus verbreitet, neben der Lüge von einer Apartheid auch die eines angeblichen Genozids sowie eine antisemitische Täter-Opfer-Umkehr, indem allein Israel für die Massaker vom 7.10. verantwortlich gemacht wird, oder auch verschwörungsideologische Behauptungen über eine angebliche israelische Kontrolle der Medien. Verständnis soll nur erzeugt werden für Israelis und Palästinenser*innen, die den Weg zum Frieden im Kampf gegen Israel sehen. Dieser soll lediglich statt mit Waffen mit Worten geführt werden, mündet jedoch darin, die Aufgabe von Israels Selbstverteidigung und seines Selbstverständnisses als jüdischem Staat zu erreichen.

Durch die Zusammenarbeit mit Christoph Glanz wird einem bekannten BDS-Akteur eine Plattform geboten, über die er auf subtile Art seine antizionistische Weltsicht verbreiten kann. Damit wird die antisemitische BDS-Kampagne, mit der die Person Glanz unzweifelhaft assoziiert wird, zum legitimen Kooperationspartner aufgewertet.

Die Schüler*innen, die das Interview führen, stellen keinerlei kritischen Fragen, die diesen antizionistischen Positionen zumindest Zweifel entgegensetzen könnten. Ob nun Christoph Glanz bei der Vorbereitung geholfen hat oder jemand anders: Die pädagogische Begleitung der Schüler ist mangelhaft, denn es ist nicht davon auszugehen, dass sie eine dem Thema angemessene Vorbereitung erfuhren. Eine solche hätte eine Auseinandersetzung mit israelbezogenen Antisemitismus beinhalten müssen.


[1] Die im Text aufgeführten Passagen sind Transkripte aus dem mittlerweile von der Website gelöschten Video von „Werkstatt Zukunft“ vom 11.11., welches uns vorliegt.

[2] So heißt es in einem offenen Brief, der von der Organisation unterzeichnet wurde: „the past seven decades of Israel’s colonialism, apartheid, pro-longed illegal belligerent occupation“ https://www.alhaq.org/advocacy/18765.html

[3] „We don’t have two armies. I don’t even have a state and I don’t have army. Another difference I think that I was resisting for my freedom, not to keep other people under my own armed occupation. And that’s different kind of resistance even though if the world don’t want to see it this way, it is this way. I didn’t resist against Judaism, I didn’t resist even against Israel itself. I resist because I needed freedom.“

[4] „(…) or it makes it like equal the death of 15 years old kid throwing a stone fighting for his freedom and the death of full armed occupation soldier which is which was for me a big difference he’s trained soldier he’s on my land he has weapon he came to kill me and I am fighting for my freedom and this is legal according to the international law if it exists.“

[5] „What we have done actually, we break this circle being united instead of separated, being friends. And instead of fighting each other to keep this military occupation, we are fighting together to end the occupation because the occupation is the main reason for all the violence and all the death and all the blood on our land. And we want to end the source of the violence for both of us because it’s dangerous for everyone.“

[6] „I want to see everyone living in the same land, the same rights and peace, and equality and justice.“

[7] „Gantz‘ government, killed 300 Palestinians that didn’t happen since 2015, mostly kids. They go to the cities and they kill them in a heroic (?) way that makes our new generation think about dying the same way and that’s destroying our new generation and turn us to violence.“

[8] Our countries are following political agendas, forgetting that people in Israel and Palestine are dying and more in Gaza are passing genocide because … of some reasons.“

[9] „I’m not justifying the blood of the Israelis, and I’m not justifying the blood of the Palestinian kids, especially by the American weapons. And I don’t justify the blood of the Iraqis and the Vietnamese and the indigenous Americans who was killed during this time.“

[10] „And I want to say to the big countries in the world, stop sending us your poison. Stop sending us your weapons. We are traumatized. We need therapists.“

[11] „So I grew up in a small village, a Jewish only village like most of the Israeli towns and villages. I didn’t really know Palestinians. (…) And actually the Arabs who live around you, all around you, they are not Palestinians, they are Arab Israelis. And actually, even with the Arab Israelis, like the Israelis like to call them, I didn’t have relationships. (…) So normally, like Israelis, they don’t have close friendships with Palestinians, even those who live inside Israel.“

[12] So first, as every Israeli, I was told since a very early age that this is a democracy, a Jewish democracy. I didn’t understand that there is a contradiction. And the situation in Israel is built like that, that they can control the information that the Israelis are exposed to. (…) And this is how it’s so easy to convince them that this is a democracy, because they go and they vote in the Knesset, in the parliament, and they feel like they live in democracy, but this is a democracy for Jews.

[13] „So for me, we had this special project a year and a half ago in Spain. Me and Osama participated and 10 more participants, Israelis and Palestinians, from all over the land. And we traveled to Spain for like one week to be part of indigenous ceremonies and to connect to ourselves and to the bigger, I would say, humanity and nature through these ceremonies. For me it was really meaningful because for the first time. With the help of the plants and of the nature around us and of us being a bit distanced from the land and from the trauma, ongoing trauma, I could really let go of my identity and actually feel like I am human again. I am not this oppressor or this occupier and I am actually like Osama. (…) And we let go of these identities because we already understand that there is occupation, there is apartheid.“

[14] „And as long as Germany and the United States are expressing unconditional support to Israel, for the Israelis it means like they have a green light to continue the bombings and the attacks and they will not stop. (…) And they don’t differentiate between fighters and civilians.“

Offener Brief zur Veranstaltung „Combatants for Peace – Der lange Weg zum Frieden in Israel und Palästina” von „Werkstatt Zukunft”

Unter dem Titel „Combatants for Peace – Der lange Weg zum Frieden in Israel und Palästina“ fand am 11. November 2023 eine auf Video aufgenommene Veranstaltung von „Werkstatt Zukunft“ statt, bei der antizionistische Positionen und Akteure unwidersprochen eine Plattform erhielten.

Mit diesem offenen Brief möchten wir die Oldenburger Zivilgesellschaft, die Waldorfschule Oldenburg, deren Schüler an dem Projekt beteiligt waren, und das BMZ, das als Fördermittelgeber genannt ist, auf die Notwendigkeit einer genaueren Auseinandersetzung mit der aufgezeichneten und online einsehbaren[1] Veranstaltung hinweisen.

Es handelt sich dabei um ein Interview mit zwei Mitgliedern der NGO „Combatants for Peace“ (CfP), das von zwei Schülern der Oldenburger Waldorfschule geführt wird. Als Übersetzer fungiert Christoph Glanz, Lehrer an der IGS Flötenteich und überregional bekannter Aktivist der antisemitischen BDS-Kampagne.
Dieser ist in der Vergangenheit häufig durch das Verbreiten antisemitischer BDS-Positionen aufgefallen, was ihn für jegliche Zusammenarbeit disqualifizieren sollte. Dass man sich ausgerechnet Glanz als Übersetzer gesucht hat, dürfte kaum Zufall sein. Die Veranstaltung legt auf den ersten Blick Neutralität, Ausgewogenheit und „zwei Seiten“ nahe. Die Organisation „Combatants for Peace“ ist jedoch bekannt für eine einseitige Verurteilung Israels.[2]

Die beiden Vertreter von CfP, der Israeli Rotem Levin und der Palästinenser Osama Eliwat, sind sich grundsätzlich in all ihren Punkten, die Israel verunglimpfen, einig: Der jüdische Staat sei keine Demokratie, sondern wird als rassistisches Besatzungs- und Apartheidregime dämonisiert, das die palästinensische Bevölkerung scheinbar ohne Grund drangsaliere und sogar der jüdischen Bevölkerung schade. Kein einziges Mal benennen die Interviewten Antisemitismus, den Terror der Hamas als Friedenshindernis oder die Bedrohung Israels durch den Iran.

So nimmt die Thematisierung des Pogroms der Hamas in dem über einstündigen Gespräch insgesamt nur 8 Minuten im letzten Drittel ein. Auf die Frage nach seiner Reaktion verweist Eliwat als erstes darauf, dass Israel in den letzten Jahren 300 Palästinenser, hauptsächlich Kinder, getötet habe.[3] Damit gibt er Israel die Schuld für das Massaker und relativiert komplett die Verantwortung der Hamas für das größte Pogrom an Juden seit der Shoah, nur um ein paar Sätze weiter Israel einen Genozid in Gaza vorzuwerfen.[4] Es handelt sich dabei um eine antisemitische Täter-Opfer-Umkehr.

Durch den israelischen Gesprächspartner Rotem Levi wird nahegelegt, es seien „zwei Seiten“ vertreten, das stimmt aber nicht, denn für die Mehrheit der israelischen Gesellschaft waren nach dem 7.10. andere Erfahrungen als diejenigen, die Levin beschreibt, relevant: Der Eindruck einer existenziellen Bedrohung vor dem Hintergrund einer auf grausame Art und Weise aktualisierten Erinnerung an die Shoah und die quälende Frage nach dem Schicksal der Geiseln. Das wird in diesem Gespräch aber überhaupt nicht thematisiert. Es entsteht der Eindruck, „israelische Perspektiven“ sind nur willkommen, wenn sie antizionistisch sind.

Christoph Glanz verstärkt die antizionistische Stoßrichtung schon durch sein bloßes Auftreten mit Kufiya, ebenso wie durch einige Formulierungen in seiner Übersetzung, und zeigt, dass es selbst bei einer solchen vermeintlich „neutralen“ Tätigkeit relevant ist, ob man dafür einen BDS-Aktivisten engagiert oder nicht. Dass BDS eine Organisation ist, die Antisemitismus verbreitet, stellten nicht nur zahlreiche renommierte Antisemitismusforscher wie Monika Schwarz-Friesel, Julia Bernstein oder Samuel Salzborn heraus: auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, und nicht zuletzt der Deutsche Bundestag ordnen BDS als antisemitisch ein. 

Die Veranstaltung von „Werkstatt Zukunft“ bietet unter dem Vorwand des Einsatzes für Frieden und einer angeblich ausgewogenen Darstellung von „zwei Seiten“ eine Plattform für israelfeindliche Propaganda und Akteure. Sie verbreitet zahlreiche Motive des israelbezogenen Antisemitismus wie den Vorwurf der Apartheid, des Genozids an Palästinensern, eine Täter-Opfer-Umkehr, indem allein Israel für die Massaker vom 7.10. verantwortlich gemacht wird, oder auch verschwörungsideologische Behauptungen über eine angebliche israelische Kontrolle der Medien. Verständnis soll nur erzeugt werden für Israelis und Palästinenser, die den Weg zum Frieden im Kampf gegen Israel sehen, der nun nicht mehr mit Waffen, sondern mit Worten geführt wird, jedoch darin mündet, die Aufgabe von Israels Selbstverteidigung und seines Selbstverständnisses als jüdischer Staat zu erreichen.

Diese Aussagen sind antisemitisch im Sinne der u.a. vom deutschen Bundestag anerkannten IHRA-Definition, diese nennt als Beispiel für Antisemitismus u.a. „die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen“[5], wie sie im Apartheidvorwurf zum Ausdruck kommt. 

Solche Akteure und Veranstaltungen, die israelbezogenen Antisemitismus verbreiten, dürfen nicht als legitimer Teil der Oldenburger Zivilgesellschaft betrachtet werden!

  • Wir fordern „Werkstatt Zukunft“ auf, sich glaubhaft öffentlich von Christoph Glanz und den im Video verbreiteten antisemitischen Lügen zu distanzieren sowie das Video von ihrer Website zu nehmen.
  • Sollte dies nicht passieren, rufen wir alle Schulen dazu auf, die Kooperation mit „Werkstatt Zukunft“ einzustellen, um eine antisemitische Beeinflussung von Schüler zu verhindern. Auch Oeins rufen wir dazu auf, künftig nicht mehr mit „Werkstatt Zukunft“ zu kooperieren.
  • Das BMZ sollte gemäß dem BDS-Beschluss des Deutschen Bundestag überprüfen, ob der BDS-Aktivist Glanz Gelder erhalten hat.

Eine ausführliche Analyse und Einordnung der Aussagen auf der Veranstaltung wird in Kürze hier erscheinen.

Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Oldenburg
Deutsch-Israelische Gesellschaft Oldenburg
Junges Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Oldenburg


[1] https://werkstatt-zukunft.org/index.php?id=start/2355-start.php

[2]https://www.ngo-monitor.org/ngos/combatants_for_peace/

[3]„Gantz‘ government, killed 300 Palestinians that didn’t happen since 2015, mostly kids. They go to the cities and they kill them in a heroic (?) way that makes our new generation think about dying the same way and that’s destroying our new generation and turn us to violence.“

[4] „Our countries are following political agendas, forgetting that people in Israel and Palestine are dying and more in Gaza are passing genocide because … of some reasons.“

[5] https://www.holocaustremembrance.com/de/resources/working-definitions-charters/arbeitsdefinition-von-antisemitismus