Veranstaltungsreihe: Nach 10/7

Zwischen Januar und März findet in Oldenburg an verschiedenen Orten eine Veranstaltungsreihe zur Gegenwart des Antisemitismus statt:

Infos zu den einzelnen Veranstaltungen:

Netzwerke des Israelbezogenen Antisemitismus

Veranstaltung mit Rebecca Schönbach
23.01., 19.30 Uhr, Landesbibliothek

Seit die Hamas Israel am 7. Oktober angegriffen hat, ist die Notwendigkeit noch deutlicher geworden, in Deutschland gegen Israelbezogenen Antisemitismus vorzugehen. In einem Versuch, die Verbreitung von Judenhass einzudämmen, verkündete der Bundeskanzler am 12. Oktober 23 ein Verbot der Organisation Samidoun. Doch trotz des mittlerweile beschlossenen Verbots der Vorfeldorganisation der Terrororganisation PFLP tritt der Deutschlandkoordinator Samidouns weiter öffentlich auf und Organisationen aus dem Netzwerk rund um Samidoun führen die pro-Terror-Demonstrationen sowie Konferenzen fort. Selbst bei Durchsetzung des Verbotes wäre der Erfolg fraglich, da das Netzwerk längst andere Wege beschreitet, um seine antisemitischen und anti-demokratischen Ziele durchzusetzen. Die vielen Gruppierungen, Stiftungen und Vereine des Netzwerks verknüpfen ihre Ziele mit Bewegungen, die legitime Ziele verfolgen. So häufen sich antisemitische Vorkommnisse bei Aktionen gegen Rassismus, für eine bessere Klimapolitik, auf Konferenzen und Kunstausstellungen. Daneben verfolgen Verbindungsleute des Netzwerkes ihre Ziele strategisch mit juristischen und politischen Mitteln. Auf lokaler Ebene werden auf dem Rechtsweg Demonstrationsverbote und die Umsetzung des BDS-Beschluss des Bundes gekippt. Anträge über gewählte Vertreter auf Bezirks- und Landesebene entsprechen dem Drehbuch von Samidoun. Auf europäischer Ebene sammelt das Netzwerk das Vorgehen gegen Antisemitismus unter dem Schlagwort „anti-palästinensische Unterdrückung“, womit es gleichzeitig das Narrativ verstärkt, Terrorziele seien mit den Anliegen des palästinensischen Volkes gleichzusetzen. Unterstützung erhält das Netzwerk unter anderem von dem Regime im Iran. Die Arbeit dieses Netzwerks bildet einen Nährboden für Antisemitismus, der sich weit ab von islamistischen Milieus verbreitet und zu gewalttätigen Übergriffen führen kann.

Rebecca Schönenbach arbeitet als unabhängige Beraterin im Bereich der Terrorismusbekämpfung, speziell auch zum Themenbereich islamische Finanzierungen, außerdem auslandsbezogenem Extremismus.

Gemeinsame Veranstaltung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Oldenburg und des Jungen Forums Oldenburg

Probleme des Antirassismus: Zum Holocaustverständnis in Theorien der Biomacht

Veranstaltung mit Hendrik Hebauf
01.02., 19.00 Uhr, Universität Oldenburg

Anfang 2020 wurden im deutschen Feuilleton zwei sehr unterschiedlich anmutende Kontroversen diskutiert. Zum einen die Kontroverse um den kamerunischen Philosophen Achille Mbembe und seine Positionen zu Israel, zum anderen diejenige um den italienischen Philosophen Giorgio Agamben und seine Äußerungen zur Covid-Pandemie. Was dabei kaum auffiel, sind die Gemeinsamkeiten der Auffassungen der beiden Philosophen. Nicht nur hatten beide den Holocaust mit der israelischen Politik (Mbembe) beziehungsweise der staatlichen Coronapolitik (Agamben) in Beziehung gesetzt. Vielmehr entspringen die Positionen beider bei genauerem Hinsehen auch demselben theoretischen Hintergrund: dem von Michel Foucault geprägten Theorem der Biopolitik. Dies gilt als Anlass, das Holocaustverständnis in Theorien der Biopolitik kritisch zu beleuchten. Dabei wird deutlich, dass der Holocaust insbesondere bei Foucault und seiner Ausarbeitung biopolitischer Theorie weitgehend eine Leerstelle bildet. Anschließend daran soll gezeigt werden, dass diese Leerstelle, die Agamben und Mbembe zu füllen versuchen, auf ein grundlegendes theoretisches Problem in biopolitischen Konzeptionen verweist und zu den sehr fragwürdigen Äußerungen bei Agamben und Mbembe in Bezug auf den Holocaust beiträgt.

Hendrik Hebauf studiert Soziologie im Master an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Geschichte und Gegenwart des Antisemitismus, sowie Kritische Theorie und Psychoanalyse. Er schrieb seine Bachelorarbeit zum Thema „Das Verhältnis von Moderne, Holocaust und Antisemitismus in Theorien zu Biopolitik“. 2022/23 studierte er im Rahmen eines Research-Stipendiums am Bucerius Institute for Research of Contemporary German History and Society in Haifa.

Die Veranstaltung wird auf dem YouTube-Kanal der Gesellschaft für kritische Bildung gestreamt.

1948. Der erste arabisch-israelische Krieg

Buchvorstellung mit Johannes Bruns, Ingo Elbe und Peter Kathmann
21.02., 19.00 Uhr, Buddel Bar

In seiner Monografie „1948. Der erste arabisch-israelische Krieg“ beleuchtet Benny Morris die Hintergründe und Ereignisse, die zum Ende des Britischen Mandats in Palästina, zur Zersplitterung der arabisch-palästinensischen Gesellschaft und schließlich zur Geburt des Staates Israel führten. Im Fokus der Betrachtung steht dabei die unmittelbare Reaktion auf die Staatsgründung: der panarabische Angriffskrieg.
Morris‘ akribische Auswertung der seit den 1980er Jahren zugänglichen israelischen und internationalen Archive ermöglicht einen klaren, dokumentarischen Blick auf die vielfach mythologisierte Geschichte des Krieges von 1948 und seine politischen wie militärischen Akteure. Gegen die mithin geschichtsvergessenen und ressentimentgeladenen Debatten um Israel und Palästina, um Zionismus und Vertreibung liefert dieses erstmals in deutscher Sprache erscheinende Buch somit die dringend benötigte historische Aufklärung. 

Gesichter des politischen Islam

Buchvorstellung mit Fatma Keser
14.03., 19.30 Uhr, Alhambra

Wird hierzulande öffentlich über den politischen Islam debattiert, dann geht es zumeist um Kopftücher, Moscheen oder islamistische Anschläge in Europa. Selten geht es darum, wie jener den Alltag eines Großteils der Weltbevölkerung prägt, wie durch ihn das Leben der Menschen insbesondere in der sogenannten islamischen Welt regelmäßig ein beengtes und gefährliches ist. Während der politische Islam im Nahen und Mittleren Osten, seinem historischen Zentrum, trotz anhaltender Herrschaft und Gewalt an Rückhalt zu verlieren droht, was sich in stets wiederkehrenden oppositionellen Protesten zeigt, scheint er seinen gesellschaftlichen und politischen Einfluss in Afrika, Europa und Südostasien auszuweiten.
Der Band beleuchtet die Entwicklung des politischen Islam in verschiedenen Regionen der Welt, fragt nach dessen Verschiebung vom „Zentrum“ an die „Peripherie“ und thematisiert das patriarchale Geschlechterverhältnis sowie den Antisemitismus als tragende Säulen der zugrunde liegenden Ideologie.

Erinnern als höchste Form des Vergessens? (Um-)deutungen des Holocaust und der „Historikerstreit 2.0“

Buchvorstellung mit Ingo Elbe und Marc Seul
20.03., 19.30 Uhr, Buddel Bar

Vor dem Hintergrund des sich seit über zwei Jahren in der deutschsprachigen Öffentlichkeit abspielenden „Historikerstreit 2.0“ wird immer wieder über die Bedeutung des Holocaust gestritten: Was war der Holocaust und was war er nicht? Inwiefern ist er „präzedenzlos“? Wie wird an ihn erinnert, wie sollte es getan werden? Wer bestreitet seine Präzedenzlosigkeit und welche politischen Folgen bringt das mit sich? Die Beiträge des Bandes geben Antworten auf diese und viele weitere Fragen.